Nachgefragt: ÖTV: Nix Solidarpakt
■ Interview mit Marita Rosenow, zweite Bezirksvorsitzende der ÖTV
taz: Am Dienstag gab es in Hannover eine Protestkundgebung von Finanzbeamten für die ÖTV-Tarifforderungen. Wird es so etwas auch in Bremen geben?
Marita Rosenow: Es hat an demselben Tag eine große Protestkundgebung in Bremen gegeben von Auszubildenden, die gegen das starre Verhalten der Arbeitgeber in dieser Tarifrunde protestiert haben. Ein Schwerpunkt unserer Forderungen ist die Beschäftigungssicherung durch Altersteilzeit und bei gleichzeitiger Schaffung von Ausbildungsplätzen ...
Soweit ich gehört habe, wollten die Azubis übernommen werden .. .
Das ist ja einer der Schwerpunkte, die Übernahme. Die Auszubildenden haben derzeit keine Perspektive nach ihrer Ausbildung.
Bei den Tarifverhandlungen in Stuttgart geht es den Gewerkschaften aber auch um mehr Geld.
Wir haben ein Bündel von Forderungen im Gesamtvolumen von 4,5 Prozent. Das umfaßt die Forderung nach verbindlichen Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung, auch Abbau von Überstunden, Arbeitszeitverkürzung ...
Keine Lohnerhöhung?
Ich war nicht fertig. Wir wollen natürlich auch die Sicherung der Einkommen durch den vollständigen Ausgleich der Preissteigerungsrate und die Angleichung der tariflichen Einkommensentwicklung Ost an das West-Niveau.
Wieviel Prozent Lohnerhöhung wäre das für Bremen?
Wir gehen von einer Preissteigerungsrate von zwei Prozent aus.
Bei der letzten Tarifauseinandesetzung hat es die sogenannten Solidarpaktverhandlungen gegeben, die am Ende ergebnislos abgebrochen wurden mit Hinweis auf die nächste Tarifrunde 1998. Ist das jetzt wieder Thema?
Nein. Wir verhandeln ja auf Bundesebene. Die Arbeitgeber fordern Verschlechterungen bei der Lohnfortzahlung, bei der Zusatzversorgung, Einschnitte bei Weihnachtszuwendungen, also Eingriffe in bestehende tarifliche Rechte.
Die Solidarpaktverhandlungen damals sind auch geplatzt, weil der Senat keine beschäftigungssichernden Maßnahmen zusagen wollte. Haben Sie in den letzten Wochen einen Brief bekommen oder einen Anruf, daß die öffentlichen Arbeitgeber noch einmal über das Thema Solidarpakt reden wollen?
Nein. Das ist kein Thema.
Es besteht der Eindruck, gerade im Vergleich mit Hannover, daß die Bremer ÖTV sich etwas zurückhält und Rücksicht auf die leeren öffentlichen Kassen nimmt.
Das würde ich nicht so sehen. Es gab vielfältige und unterschiedliche Protestaktionen in den Städten, bundesweit.
Und wenn es Streiks gibt in den Tarifrunden, dann auch in Bremen?
Es ist heute deutlich geworden, auch aus anderen Bereichen, daß der Unmut wächst. Wenn kein Angebot auf den Tisch kommt, dann sind wir auch kampfbereit. Int.: K.W.
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