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■ In Hamburgs erstem und einzigen Frauenhotel „Hanseatin“ können sich die Besucherinnen grenzenlos wohlfühlen Von Marlene Reimers„Eine lebensnahe Oase“

Schmuck sieht es aus, das denkmalgeschützte Haus Dragonerstall 11 gegenüber der Musikhalle. Hier eröffnete vor einem knappen halben Jahr das kleine, aber feine „Hotel Hanseatin“. Mag es auch einladend aussehen, so muß doch mancher draußen bleiben: Dieses Haus ist Frauen vorbehalten.

Hamburgs bisher einziges Frauenhotel ist das dritte seiner Art in Deutschland überhaupt, nach dem Berliner Hotel „Artemisia“ und dem „Haus am Dom“ in Schleswig. „Ein Frauenhotel war in Hamburg eine echte Marktlücke“, beschreibt Linda Schlüter, die das Haus gemeinsam mit Karin Wilsdorf betreibt, ihre Erfahrungen seit der Eröffnung am 1. März. „Wir sind sehr gut angenommen worden“, freut sich Schlüter. „So schnell hätten wir das gar nicht zu hoffen gewagt.“

Jetzt im Sommer beherbergt die „Hanseatin“ überwiegend Touristinnen, die meist drei bis vier Tage bleiben und sich die Stadt anschauen, aber auch Frauen, die auf der Durchreise einen Zwischenstopp in Hamburg einlegen. Die zentrale Lage des Hotels nahe Messehallen und Kongreßzentrum bietet sich aber auch für Geschäftsfrauen an: „Im Herbst werden wieder mehr Messe- und Tagungsbesucherinnen bei uns wohnen.“

Zur Klientel gehören ferner Bildungsprojekte wie z. B. Frauen-Anstiftung, die das ganze Haus für Teilnehmerinnen an Wochenendseminaren buchen können. Und schließlich wollen sich Frauen auch nur mal ein paar Tage verwöhnen lassen. „Viele unserer Besucherinnen beschreiben das Haus als ,lebensnahe Oase'“, erzählt Linda Schlüter, wo frau morgens unter Bäumen im kleinen Garten frühstücken und sich trotzdem abends ins Nachtleben stürzen kann.

Die meisten Besucherinnen sind im Alter zwischen 35 und 50, nur vereinzelt in den Zwanzigern. Jüngere Frauen können sich nicht immer ein Hotel leisten, und die Behaglichkeit des Hauses hat ihren Preis: Die vier Einzelzimmer kosten zwischen 85 und 145 Mark pro Übernachtung, eins der neun Doppelzimmer ist für 135 bis 165 Mark (jeweils ohne Frühstück) zu haben. Alle Zimmer sind unterschiedlich eingerichtet, haben meist Bad und Telefon und auf Wunsch auch Fernseher.

Und wenn sich mal ein zimmersuchender Mann an die Tür der „Hanseatin“ verirrt? „Dann empfehlen wir ihm freundlich ein anderes Hotel“, lächelt Linda Schlüter. Das akzeptieren die Männer auch; Probleme hat es noch keine gegeben.

Wichtig ist den Betreiberinnen der „Hanseatin“ Individualität und ein persönlicher Umgang mit den Besucherinnen. Für Linda Schlüter ist ein Frauenhotel mehr als eine Dienstleistung: „Wenn ich weiß, daß eine abends etwas unternommen hat, dann frage ich sie am nächsten Morgen, wie es war.“ Die positive Resonanz gibt diesem Selbstverständnis recht: Das Haus wird weiterempfohlen, und oft kommen Geschäftsfrauen privat mit Freundinnen, Töchtern oder Enkelinnen wieder.

Aus dem Kontakt mit ihren Gästen weiß Linda Schlüter, daß „Frauen im Alltag sehr viel Energie benötigen, um Grenzen zu ziehen“. So finden sich alleinreisende Frauen in „normalen“ Hotels – oft aufgrund schlechter Erfahrungen – mit vielem ab, das ihnen eigentlich nicht gefällt. „Aber Frauen haben Ansprüche, und sie genießen es, wenn sie ihre Kraft für sich selbst nutzen können“ – und sich nicht gegen den sprichwörtlichen Tisch neben der Küchentür oder anzügliche Blicke auf dem Flur zur Wehr setzen müssen.

Arbeit, Zeit und Geld, die Schlüter und Wilsdorf für ihr Projekt aufwenden mußten, „haben sich auf jeden Fall gelohnt“. Das „Frauencafé endlich“, früher in der Peterstraße, ist dem Hotel angeschlossen. Hier nehmen die Besucherinnen ihr Frühstück ein, und täglich ab 17 Uhr, sonntags ab 10 Uhr, ist für alle Frauen geöffnet. So haben auch Hanseatinnen was davon – wenn frau schon bedauert, hier so selten ein Hotelzimmer zu brauchen.

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