■ Studentenproteste ohne Einfluß auf das Hochschulrahmengesetz: Schnellkurs in Bonner Politik
Die 1,9 Millionen Studierenden erhielten ihre politische Lektion. Der Gesetzgeber erteilte einen Schnellkurs darin, was er davon hält, wenn Staatsbürger auf die Straße gehen: gar nichts. Wir erinnern uns: Das gestern verabschiedete Hochschulrahmengesetz (HRG) war zu Semesterbeginn in die parlamentarische Beratung gegangen. Parallel dazu brach ein StudentInnenprotest los, wie ihn die Republik seit 1968 nicht erlebt hat. Welch glücklicher Zufall, daß sich junge BürgerInnen für Politik interessieren, während die Volksvertretung ein Gesetz diskutiert, das die Weichen für eine bessere Zukunft dieser jungen Leute stellen soll. Gab es einen Austausch zwischen Regierenden und Regierten? Leider nein.
Die Forderungen der Studierenden hatten keinerlei Einfluß auf das wichtige Reformgesetz. Die Norm, die Union und FDP durchpaukten, greift an vielerlei Stellen in das akademische Leben der Studierenden ein – sei es durch die Regelstudienzeit, den neuen Bachelor-Abschluß oder die Teilhabe an der universitären Selbstverwaltung. Was die Studierenden zu alledem zu sagen hatten, interessierte nicht.
Das HRG ist genau so verabschiedet worden, wie es in die parlamentarische Ratifikationsmaschine eingebracht worden war. Man muß sich das vor Augen halten: In Frankreich setzte vor zwei Jahren ein konservativer Regierungschef ein bestehendes Gesetz (über den Mindestlohn für Jugendliche) außer Kraft, weil junge Leute demonstrierten. Hier schottet das Parlament eine laufende Gesetzesberatung gegen eine halbe Million StudentInnen ab.
Am krassesten war das bei den Studiengebühren. Deren Verbot war das einzige Thema, das die aufbegehrenden Studierenden einhellig vorbrachten. Und dies war gewiß keine ideologische Verblendung, sondern die bare Furcht davor, durch die Gebühren aus den Hochschulen gedrängt zu werden. Aber je lauter sie gegen das bezahlte Studium demonstrierten, desto härter verweigerte sich die regierende Koalition ihrem Votum. Dabei hat die Diskussion über das Seminargeld deutlich gezeigt: Studiengebühren sind zwar nicht prinzipiell Teufelszeug. Aber sie sind weder sozial akzeptiert noch derzeit geeignet, igendeinen Beitrag zur Hochschulreform zu leisten.
Unter dem Strich hat der StudentInnenprotest des letzten Semesters in Bonn somit nichts bewirkt. Es gab dreimal die Möglichkeit, Impulse aufzunehmen: beim 98er Etat, bei Bafög und HRG. Dreimal hat die Regierungskoalition gezeigt, wieviel für sie der Wille des Volkes zählt. Nichts. Christian Füller
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