■ Querspalte: Warum Hertha gegen Bayern verliert
Alle waren optimistisch. Hertha BSC gegen Bayern München, das würde doch zu schaffen sein. 3:1, 1:0, 2:0 – alle waren hier in Berlin überzeugt: die Blau-Weißen werden gewinnen. Wirklich alle. Auch die 76.234 Zuschauer, die heute nachmittag ins Berliner Olympiastadion strömen. Pah, Bayern. Wer ist das schon. Hatte die Hertha nicht den Spitzenreiter Kaiserslautern mit 2:0 abgefertigt? Und hatten sich die Herthaner nicht aus den düsteren Kellerräumen in die Zwischenetage hochgeschossen? Es hätte ein so schöner Samstag werden können. Aber leider, leider hat Hertha schon verloren. Weil Günter Rexrodt heute dem Verein beitreten will. Sie fragen sich, wer Günter Rexrodt ist? Zu Recht. Sie sind nicht allein. Niemand kennt ihn. Also, dieser Günter Rexrodt will heute, in der Pause, seinen Aufnahmeantrag unterschreiben. Das wird so zwischen 16.15 und 16.30 sein, wenn die 76.234 am Würstchenstand stehen. Zerknirscht und tiefdeprimiert. Denn die Tafel im Olympiastadion wird drei Treffer zählen, drei für Bayerns Mannen.
Das war vorauszusehen. Hätten die Herthaner nur ins Vereinsblatt geblickt. Da hat nämlich Günter Rexrodt gesagt: „Mein Beitritt soll also auch als ein Akt der Solidarität mit der Mannschaft verstanden werden.. Lesen Sie sich das einmal laut vor. Und denken sie dabei an Günter Rexrodt, den niemand kennt, auch wenn er in Bonn am Kabinettstisch gesichtet worden sein soll und im Vorstand der Berliner FDP ist, die wiederum niemand, wirklich niemand, im Landesparlament vermißt, weil die Berliner manchmal doch klüger sind als die Bundesbürger. Und wenn sie diesen Satz zu Ende gelesen und alles andere mitgedacht haben, dann werden Sie verstehen, warum Hertha verlieren muß. Mit einem solchen Satz im Rücken schießt man keine Tore. Und dann werden sie plötzlich auch begreifen, warum Günter Rexrodt beschlossen hat, Herthaner zu werden. Weil Rache manchmal süß sein kann. Aber warum mußte es nur die Hertha sein? Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen