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EU-Kandidaten sollen Riesensummen investieren

■ Osteuropäische Länder müssen Umweltschutz und Verkehr an EU-Normen anpassen

Brüssel (taz) – Nach Berechnungen der Europäischen Kommission in Brüssel müssen die zehn Beitrittskandidaten von Estland bis Bulgarien in den nächsten 20 Jahren insgesamt 200 Milliarden Mark in den Umweltschutz stecken, um den derzeit geltenden EU- Regeln gerecht zu werden. Weitere 180 Milliarden Mark seien nötig, um die wichtigsten acht Ost- West-Verbindungen für das zu erwartende Verkehrsaufkommen auszubauen. Dabei handelt es sich um Straßen-, Bahn und Schiffsverbindungen, die im Rahmen der „Transeuropäischen Netze“ bereits als besonders förderungswürdig eingestuft worden sind.

Das interne Papier des EU- Kommissars Hans van den Broek, zuständig für die Osterweiterung, und der Strukturhilfe-Kommissarin Monika Wulf-Mathies sagt aber noch nichts über den Anteil aus, den die EU an diesen Kosten übernehmen soll. Darüber werden die Staats- und Regierungschefs frühestens Ende des Jahres entscheiden.

Die beiden Kommissare empfehlen jedoch, die Finanzhilfen für die Beitrittskandidaten auf Umwelt und Verkehr zu konzentrieren. Denn allein um die geltenden EU-Bestimmungen zum Wasserschutz, zur Luftreinhaltung und zur Abfallbeseitigung zu erfüllen, müßten die zehn Beitrittsländer zwanzig Jahre lang ihre Umweltausgaben mehr als verdoppeln. Derzeit geben sie dafür im Durchschnitt etwas weniger als eineinhalb Prozent des Bruttosozialproduktes aus. In der „Agenda 2000“, dem Fahrplan der EU-Kommission für die Osterweiterung, sind für die Jahre 2000 bis 2006 insgesamt rund 90 Milliarden Mark als Strukturhilfen für die zehn beitrittswilligen Länder vorgesehen. Davon sind 14 Milliarden Mark als Unterstützung bei der Beitrittsannäherung geplant, 76 Milliarden sollen für die wirtschaftliche Anpassung ab dem Zeitpunkt des Beitritts bereitgestellt werden.

Gute Chancen auf eine baldige Aufnahme – das heißt im Jahr 2002 – haben Polen, Tschechien, Ungarn, Estland und Slowenien. Die 76 Milliarden werden dann voraussichtlich auf diese Länder verteilt. Es könnte aber auch weniger werden. Denn die Finanzplanung beruht auf überaus optimistischen Schätzungen. Danach soll das Bruttosozialprodukt in der EU jährlich um mindestens 2,5 Prozent steigen. Fällt es niedriger aus, müßte die EU die bestehenden Stukturhilfen in den derzeitigen EU-Mitgliedsländern kürzen, um die Osthilfen wie geplant zu finanzieren. Vor allem die spanische Regierung hat bereits angekündigt, daß ihr der Erhalt der Brüsseler Finanzspritzen wichtiger ist als die Osterweiterung. Der Streit ums Geld wird voraussichtlich 1999 ausgetragen. Alois Berger

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