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Pharmakonzern vergiftet Verhandlungen

Die größte Pharmafusion der Welt wird vorläufig nicht zustande kommen. SmithKline Beecham und Glaxo Wellcome haben die Verhandlungen abgebrochen. Fusionen in der Branche gehen dennoch weiter  ■ Von Ulrike Fokken

Berlin (taz) – Sie wollten die Chefs des größten Pharmakonzerns aller Zeiten werden. Leider stolperten Richard Sykes, Vorstandschef von Glaxo Wellcome, und Jan Leschly, sein Pendant bei SmithKline Beecham, über persönliche Eitelkeiten. Die Fusionspläne der Pharmakonzerne sind gescheitert, teilten sie in der Nacht zu Dienstag mit. Die Herren konnten sich nicht über die Führung des neuen Konzerns einigen. „Glaxo wollte nicht mehr auf Basis unserer Vereinbarung weiterverhandeln“, teilte SmithKline mit. Das Verhalten der Glaxo-Unterhändler habe das Verhandlungsklima vergiftet.

Erst am 30. Januar hatten die britischen Pharmakonzerne angekündigt, sich zusammenzuschließen. Geeinigt hatten sich Sykes und Leschly zunächst recht flott. Nachdem SmithKline am 20. Januar bekanntgegeben hatte, mit dem US-amerikanischen Pharmaunternehmen American Home Products (AHP) über eine Fusion zu verhandeln, war Glaxo-Chef Sykes am 26. Januar nach New York geflogen. Er hatte schon 1996 mit SmithKline über eine gemeinsame Zukunft verhandelt, hatte damals aber keinen Erfolg gehabt.

Diesmal kamen die alten Freunde Sykes und Leschly zu einem Ergebnis. Am 28. Januar einigten sie sich auf die Grundlagen der Fusion: Die in dem neuen Unternehmen zusammengefaßten Aktien sollten zu 60 Prozent Glaxo gehören und zu 40 Prozent SmithKline. Dementsprechend würden auch die Sitze im Vorstand verteilt: drei für Glaxo, nur zwei für SmithKline. Aber selbst das zweitgrößte Unternehmen der Welt braucht nur einen Chef. Nur wer – diese Frage blieb offen.

Sie blieb auch am 30. Januar unbeantwortet, als Leschly verkündete, nicht mehr mit AHP zu verhandeln, sondern mit Glaxo. Die Börsenhändler dankten es ihm: Der Börsenwert kletterte um zeitweilig bis zu 60 Milliarden Mark.

Aber Aktienkurse sind nur eine für fusionswillige Unternehmen interessante Variable. Bilanzen sind die andere. Die am 17. Februar veröffentlichte Bilanz von SmithKline konnte sich sehen lassen. Der Gewinn vor Steuern war um sieben Prozent gestiegen. Die geplante Fusion bezeichnete Leschly als „zwingend“. Zwei Tage später veröffentlichte Glaxo seine Bilanz: Der Gewinn war 1997 um neun Prozent zurückgegangen. Die Fusion erwähnte Sykes mit keinem Wort. Einen Tag später teilte Glaxo mit, daß die Aufteilung des Managements nicht akzeptabel sei. Seitdem haben Leschly und Sykes erneut über die Aufteilung der Vorstandsposten verhandelt. „Die Differenzen sind unüberbrückbar“, sagte eine Sprecherin von SmithKline gestern. Noch einmal mit AHP will das Unternehmen gegenwärtig aber auch nicht verhandeln. Glaxo teilte mit, nicht aktiv nach einem Fusionspartner zu suchen.

Deswegen muß es aber noch lange nicht ruhig um die beiden werden. Seit Anfang der neunziger Jahre beäugen sich die weltweiten Pharmaproduzenten und suchen nach Kandidaten für Übernahmen oder Fusionen. Denn um langfristig Geld mit Arzneimitteln zu verdienen, müssen sie neue und verbesserte Produkte auf den Markt bringen. Marktgängige Produkte werden nach kurzer Zeit meist von anderen Herstellern als günstigere Variante angeboten. Die Entwicklung eines Medikaments dauert jedoch mit bis zu zehn Jahren nicht nur lange, sondern kostet das Unternehmen auch um die 500 Millionen Mark.

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