■ Kommentar: Zweifelhafter Zwang
Gegen den Verfall der Werte, so meinen die Kirchen und die CDU, hilft nur noch Beten. An die Seite der freiwilligen Einweisung ins Christentum, die zwei Drittel der SchülerInnen verschmähen, soll ein Wahlpflichtfach Ethik/Philosophie treten. Wer sich im Unterricht mit der Bergpredigt beschäftigt, der packt auf dem Schulhof nicht so schnell das Klappmesser aus, so die simple Logik der Befürworter. Doch die Bereitschaft zur Gewalt, so klagen PädagogInnen, wächst auch in jenen Bundesländern, in den die SchülerInnen seit eh und je zu Ethik- und Religionsunterricht gezwungen werden – in allen Ländern also außer Berlin, Bremen und Brandenburg. „Werte“ lassen sich eben nicht mit der pädagogischen Keule vermitteln. Beeinflussen lassen sich die SchülerInnen dadurch, was ihnen die LehrerInnen aller Fächer vorleben.
Was dagegen bei solch zweifelhaftem Zwang baden geht, ist einmal mehr ein demokratisches Prinzip. Daß eine striktere Trennung von Staat und Kirche in Deutschland bis heute nicht gelang, ist eines der Symptome für den Mangel an republikanischem Geist in Deutschland. Schon die bisherige Form des Berliner Religionsunterrichts wäre in den alten Demokratien wie den USA oder Frankreich undenkbar. Eine völlige Abschaffung verbietet zwar das Grundgesetz. Doch dafür, das Rad der Geschichte zurückzudrehen, gibt es keinen Grund. Ralph Bollmann
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