: Die CDU sichert ihre Macht für die Zukunft
■ Durch die Bezirksreform verschieben sich die politischen Gewichte in der Stadt. Die Verlierer sind Grüne und PDS. Die CDU kann ihre Machtposition in den Westbezirken deutlich ausbauen. Die SPD kö
Die Bezirksreform, auf die sich die SPD- und CDU-Führung nach langem Ringen in der vergangenen Woche geeinigt haben, wird die politischen Kräfteverhältnisse in den Bezirken verändern. Von der Reduzierung auf zwölf Bezirke profitiert vor allem die CDU.
Rechnet man die Ergebnisse der Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen von 1995 auf die neue Bezirksstruktur um, wäre die CDU in sieben von zwölf Bezirken die stärkste Kraft: Die CDU-geführten Bezirke Spandau, Reinickendorf und Neukölln bleiben bestehen, da sie mit rund 300.000 Einwohnern bereits die gewünschte Durchschnittsgröße der neuen Bezirke aufweisen.
Auf der Basis der letzten Wahlergebnisse würde die CDU auch in vier der neu zusammengelegten Bezirken die stärkste BVV-Fraktion bilden. Tonangebend wäre sie damit in Zehlendorf/Steglitz, in Charlottenburg/Wilmersdorf, in Tempelhof/Schöneberg sowie im Regierungsbezirk aus Mitte, Tiergarten und Wedding. Da die CDU der SPD das Zugeständnis abgerungen hat, daß das politische Bezirksamt – also die Bildung von Koalitionen auf Bezirksebene – bis zum Jahr 2010 ausgeschlossen ist, bleibt es bei der Wahl der Bürgermeister durch sogenannte Zählgemeinschaften. Damit kann das Vorrecht der stärksten BVV-Fraktion auf den Bürgermeisterposten ausgehebelt werden, wenn sich zwei andere Fraktionen zu einer Zählgemeinschaft zusammenschließen. Voraussichtlich kann die CDU nach dem neuen Bezirkszuschnitt sechs statt acht Bürgermeister stellen.
Während die CDU ihren Einfluß in Westberlin deutlich ausbauen kann, könnte die SPD auf Kosten der PDS einen leichten Machtgewinn in Ostberlin erzielen. Die SPD wurde 1995 wegen eines sehr schlechten Wahlergebnisses nur in Weißensee, Friedrichshain und Köpenick die stärkste BVV-Fraktion. Nach der Bezirksreform dürfte sie diese Position nur in Kreuzberg/Friedrichshain halten. Im neuen Dreier-Bezirk Pankow/Weißensee/Prenzlauer Berg läge die SPD nach dem Wahlergebnis von 1995 mit 26,9 Prozent deutlich hinter der PDS (32,3 Prozent). In Köpenick/Treptow ist der Vorsprung der PDS mit 32 Prozent nur knapp. Die SPD käme auf 30,3 Prozent. Da die SPD nach dem historischen Tiefstand von 1995 bei den Wahlen im nächsten Jahr eher mit einem Stimmenzuwachs rechnen kann, stehen die Chancen nicht schlecht, daß sie sich in diesem Bezirk als stärkste BVV-Fraktion an die Spitze setzen kann. Von den sechs BezirksbürgermeisterInnen, die die SPD derzeit stellt, bleiben allerdings im besten Falle drei.
PDS und Grüne sind dagegen die großen Verlierer der Bezirksreform. Der PDS bleiben mit Marzahn/Hellersdorf und Hohenschönhausen/Lichtenberg nur noch zwei Hochburgen. Die Sozialisten werden auch nur zwei statt derzeit fünf Bezirksbürgermeister stellen. Ist die PDS bislang in neun Bezirken die stärkste BVV-Fraktion, wird dies dann nur noch viermal der Fall sein.
Die Grünen werden ihre drei BezirksbürgermeisterInnen in Kreuzberg, Tiergarten und Schöneberg verlieren. Durch die Zusammenlegung von Kreuzberg und Friedrichshain büßen die Grünen auch ihren Status als stärkste BVV-Fraktion in Kreuzberg ein. Die Igelpartei verliert auch zahlreiche Stadtratsposten. Statt derzeit elf Stadträten könnten sie – immer ein unverändertes Wahlergebnis vorausgesetzt – nur noch sechs stellen. Insgesamt verringert sich die Zahl der Stadträte von bislang 115 auf 72.
Da ist es wenig tröstlich, daß die Amtsperiode der jetzigen Bezirksämter um ein Jahr verlängert wird. Welcher Bürgermeister in den zusammengelegten Bezirken die Führung bis zur Wahl eines neuen Bezirksamtes Ende 2000 übernimmt, entscheidet gemäß einer Übergangsbestimmung das Los.
Nur minimale Verschiebungen der Kräfteverhältnisse dürften sich aus der Einführung der Dreiprozentklausel ergeben, die nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes vom vergangenen Jahr bei der nächsten Kommunalwahl gelten wird. 1995 hatten es „Republikaner“, die Grauen und drei Wählergemeinschaften die Dreiprozentmarke erreicht. Dorothee Winden
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