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Gegen Capitalismus und Wucher

Serie: Orte der Revolution (Folge 3). Die Unruhen ließen die Arbeitslosenzahlen in die Höhe schnellen. Daraufhin richteten die Stadtverordneten das erste Arbeitsamt Berlins ein  ■ Von Jürgen Karwelat

Schon vor dem 18. März forderte die Revolution ihre Opfer. Wegen der Unruhen in Frankreich und Österreich wurden auch in Berlin Aufträge storniert. Entlassungen waren die Folge. Beim Lokomotivenbauer Borsig verloren 400 von 1.200 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz. Auch die Porzellanmanufakturen setzten wegen rapide sinkender Umsätze einen großen Teil ihrer Arbeiter auf die Straße.

Die Entlassungen verschärften eine ohnehin explosive Situation. Durch eine enorme Bevölkerungszuwanderung vor allem aus den östlichen Provinzen hatte sich die Bevölkerung der preußischen Hauptstadt seit Beginn des Jahrhunderts auf 400.000 Bewohner verdoppelt. Vier von fünf Einwohnern fristeten in ärmlichen Verhältnissen ihr Leben.

Deshalb häuften sich schon seit 1846 in ganz Europa soziale Krisen und Konflikte. Zwar gab es 1847 im Verhältnis zum Vorjahr bessere Ernten, doch führte der zunehmende Einsatz von Maschinen zu Entlassungen. Am Belle-Alliance- Platz, dem heutigen Mehringplatz, kam es im Jahr vor der Revolution zum „Kartoffelaufstand“.

Mitte März 1847 waren bereits 5.000 Berliner Gesellen und Arbeiter arbeitslos. Am 9. März eröffnete die Stadtverwaltung die schon seit 1847 geplante „Arbeitsnachweisungs-Anstalt“. Gleich am ersten Tag brach dort das Chaos aus, weil sich knapp 700 arbeitslose Berliner meldeten. Vermittelt wurde am Eröffnungstag jedoch nur ein einziger Arbeitsloser. Daraufhin entschied die Stadtverwaltung, fremde Gesellen auszuweisen, wenn sie länger als drei Tage arbeitslos waren. Außerdem sollten Zucht- und Arbeitshäuser gewerbliche Arbeiten einstellen, um Arbeitslosen Aufträge zu verschaffen. Am 16. März beschlossen die Stadtverordneten, 530 Arbeitslose mit Erdarbeiten zu beschäftigen.

Diese Beschlüsse konnten nicht verhindern, daß die Bürger auf ihren Versammlungen im Tiergarten auch ein Recht auf Arbeit diskutierten. Zwar enthielt die „Adresse an den König“ vom 7. März die Forderung nach einem Arbeitsministerium noch nicht. Doch tauchten am 13. März Flugblätter mit einer „Adresse an die Arbeiter“ auf. Darauf forderten Mitglieder des Handwerkervereins ein „Ministerium für Arbeiter, das aber nur von Arbeitgebern und Arbeitern zusammengesetzt werden darf und dessen Mitglieder nur aus beider Mitte selbst gewählt werden dürfen“. Weiter hieß es in auf den Flugblatt: „Der Staat blüht und gedeiht nur da, wo das Volk durch Arbeit seine Lebensbedürfnisse befriedigen und als fühlender Mensch seine Ansprüche geltend machen kann. Wir werden nämlich von Capitalisten und Wucherern unterdrückt; die jetzigen bestehenden Gesetze sind nicht im Stande, uns vor ihnen zu schützen.“

Tatsächlich wurde nach dem 18. März ein Arbeitsministerium eingerichtet. Es stockte die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Ende Mai auf 5.500 Stellen auf. Gleichwohl blieben die Erdarbeiter wegen ihrer Aufmüpfigkeit die ungezogenen Kinder des Magistrats.

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