: Zwei Schritte vor, 24 Schritte zurück
■ 24 Transporte von atomaren Gütern über Bremische Häfen in den ersten sechs Wochen des Jahres / Die Zusage, daß keine Plutonium-Transporte mehr kommen, steht auf wackeligen Füßen
Noch vor drei Wochen gab sich Häfensenator Uwe Beckmeyer optimistisch: Plutonium aus der MOX-Fertigungsanlage für Brennelemente in Hanau werde in Zukunft nicht mehr über Bremerhaven verschifft werden – das sei ihm versprochen worden. Jetzt räumt der Sprecher des Häfensenators ein: „Wir haben nichts Schriftliches“. Damit wird der damals stolz verkündeten „Teilerfolg“des Häfensenators relativiert: nur vom guten Willen der Bundesbehörden und des Transporteurs hängt es ab, ob die geplanten Plutonium-Transporte tatsächlich über Bremerhaven gehen oder über andere Häfen umgeleitet werden.
Kurz vor Weihnachten hatte Greenpeace die Verladung von 43 Kilogramm Plutonium mit einer spektakulären Aktion im Containerhafen verzögert. Die Verladeklappen des Transportschiffes waren zugeschweißt worden, Aktivisten hatten sich an das Schiff gekettet. Danach hatte der Häfensenator angekündigt, er werde sich für eine Einschränkung der MOX-Transporte auf Bundesebene einsetzen. Mindestens zwei weitere Transporte mit dem hochradioaktiven Gift hätte es noch geben sollen. Am 20. Februar hatte Beckmeyer in einem Brief an Greenpeace einen Verhandlungserfolg mitgeteilt: Ihm sei versichert worden, daß es „bis auf weiteres ... keine Transporte über Bremerhaven infolge der ... Stillegung der MOX-Brennelementefertigungsanlage in Hanau geben“werde.
Die Zusage will Beckmeyer bei den Gesprächen mit dem Bundesumweltministerium, dem Bundesamt für Strahleschutz und dem Versender der Brennelemente bekommen haben. „Der Häfensenator hat aus den Gesprächen den Eindruck gewonnen, daß die Transporte nicht mehr über Bremerhaven statfinden“, so Pressesprecher Ernst-Rüdiger Staats. „Juristisch“, sei das erhaltene Versprechen aber „nicht bindend“.
Noch vor drei Wochen hatte Greenpeace die Ankündigung des Häfensenators begrüßt. Inzwischen ist wieder Skepsis eingekehrt: Jörn Behrens von der Bremer Greenpeace-Gruppe kritisierte, der Häfensenator feiere nun seinen Verhandlungserfolg, versäume es aber, etwas gegen die übrigen Atomtransporte zu unternehmen. Bis Anfang Februar sind nach neusten Greenpeace-Informationen in diesem Jahr bereits 24 Atomtransporte über den Containerterminal in Bremerhaven abgewickelt worden. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres zählte die Umweltschutzorganisation nur zwei Transporte. Insgesamt seien es 76 Atomtransporte im Jahr 1997 gewesen, davon sieben mit hochradioaktiven abgebrannten Brennelementen bzw. Plutonium.
„Hier laufen nach wie vor die gleichen unsinnigen Transporte, vor allem mit dem hochgefährlichen Uranhexafluorid, das selbst der Häfensenator als problematisch einstuft“, so Behrens. „Die Bevölkerung wird der Gefahr eines möglichen Unfalls ausgesetzt, und Herr Beckmeyer feiert das als seinen Verhandlungserfolg. Das ist absurd.“
Der Sprecher des Häfensenators schießt zurück: Greenpeace solle endlich mit dem „Schattenboxen aufhören“und die wahren Verantwortlichen benennen. „Prügel bitte für Umweltministerin Merkel, nicht für den Häfensenator – er muß sich an Recht und Gesetz halten.“Und nach wie vor, da ist sich Staats sicher, habe der Senator keine rechtliche Handhabe, gegen die Atom-Transporte durch Bremerhaven vorzugehen. Christoph Dowe
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