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Zuzug aus Hamburg unerwünscht

Im wahlkämpfenden Ahrensburg bekriegen sich rechte Wählergemeinschaft und SPD. Streitpunkt: Sozialwohnungen für Hamburger  ■ Von Silke Mertins

Eine hübsche Neubauwohnung im Grünen – das könnte auch manche HamburgerInnen mit kleinen Einkommen reizen. Weil in der Hansestadt kaum noch Flächen zur Verfügung stehen, finanziert der Senat öffentlichen Wohnungsbau im Hamburger Umland; „bis zu 400 Wohnungen im Jahr“umfaßt das Programm, so Baubehördensprecher Christian Schuppe. Man finanziere jeweils „fifty-fifty“mit den betreffenden Gemeinden. Im Gegenzug erhält Hamburg „Belegungsrechte“für etwa 30 Prozent der Wohnungen.

„Ich kann mir für die Zukunft dieses Modell durchaus für Ahrensburg vorstellen“, sagte die SPD-Bürgermeisterin-Kandidatin Ursula Pepper während einer Wahlkampfveranstaltung mit Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) Ende Februar. Doch was als Unterstützung für die Ahrensburger Genossin bei den morgigen Kommunalwahlen gedacht war, löste einen erbitterten Streit aus.

Die dem rechten Spektrum zugerechnete „Wählergemeinschaft Ahrensburg für Bürgermitbestimmung“(WAB), die mit derzeit rund 20 Prozent vertreten ist, ist höchst erregt. Von den 28.500 Einwohnern Ahrensburgs würde verlangt „mit den aus Hamburg abgeschobenen Sozialfällen“klarzukommen. „Die Folgen für unsere Schloßstadt wären extrem“, fürchtet die WAB und klärte in einer Postwurfsendung darüber auf, daß „unsere Interessen nicht an Hamburg verkauft“werden dürfen.

„Der Begriff Ghettobildung ist angebracht“, findet der WAB-Vorsitzende Manfred Becker. „Wir wollen keine Zustände wie in Steilshoop, das kann man keinem zumuten.“Der Großteil des Ahrensburger Budgets gehe ohnehin schon für „Zwangsausgaben“wie Sozialhilfe drauf. Daß stets die Herkunftskommune zwei Jahre lang die Kosten für verzogene Sozialhilfeempfänger übernehmen muß und durchaus nicht alle, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, von der Stütze leben, bringt Becker nicht von seiner Forderung ab. „Wir haben die Grenze der Ausdehnung erreicht“, sagt er. Die Genossen sind nicht minder empört. Daß „die SPD im Aufwind“sei, veranlasse die WAB zu dieser „schlimmen Schmutzkampagne“. Während anderswo das „Schreckgespenst der gutbürgerlichen Rechtsaußen“meist „Asylanten“wären, seien es hier „Hamburger, genauer: Hamburger Sozialfälle“.

Alle „haben Anspruch auf ein Dach über dem Kopf“, so der Ahrensburger Sozialdemokrat Hans Pahl. Die WAB verbreite „Greuelmärchen“. In dem betroffenen Stadtteil Gartenholz gebe es „nur ganz normale Spannungen“. Für sich könne er nur sagen: „Ich wohne in Gartenholz und fühle mich wohl.“

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