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KommentarLittle Jamie, little Danny

■ Gewalt: In den USA ermorden zwei Kinder fünf Mitschüler

Die Meldung kommentiert sich fast selbst: Zwei Kinder, der eine elf, der andere 13 Jahre alt, erschießen in Arkansas fünf Mitschülerinnen und eine Lehrerin. Der Staatsanwalt würde die beiden gern nach dem Erwachsenenstrafrecht anklagen, und der Gouverneur ist „wütend auf die Art von Kultur, die so etwas in Elfjährigen heranbildet“. Er meint das Fernsehen und den allgemeinen Sittenverfall.

In den nächsten Tagen wird in den USA unter dem Eindruck des Schocks die Brutalisierung der Jugend zum x-ten Mal medial durchgenudelt – und zwar von denen, um die es eigentlich geht: die Erwachsenen. Denn die bestimmen eine – traditionell weiße – Kultur, in der ein Arsenal von Schußwaffen im Wohnzimmerschrank die Männlichkeit und in jüngerer Zeit auch die weibliche Emanzipation unter Beweis stellen. Sie bestimmen eine Kultur, in der „little Jamie“ und „little Danny“ schneller schießen als lesen lernen. Sie bestimmen eine Politik, in der die Waffenlobby Schießkurse für Kinder anbietet und Abgeordnete Jugendlichen den Besitz von Gewehren erlauben, wenn ihre Eltern einverstanden sind.

Das Entsetzen darüber, wie jung die Täter sind, ist zwar nachvollziehbar, beruht aber auf einem Denkfehler: Kinder haben keine automatisch größere Hemmung gegenüber dem Töten als Erwachsene. Wir glauben das bloß gerne, weil sie in unseren Augen die Unschuld in der Gesellschaft verkörpern. Aber im Vergleich zu einem 18jährigen ist ein Elfjähriger nicht qua definitionem zu weniger Bösem fähig. Er hat lediglich sieben Jahre weniger Zeit gehabt, von der Erwachsenenwelt den Unterschied zwischen Gut und Böse, zwischen Kaltblütigkeit und Empathie zu lernen.

Was die beiden Jungen aus Jonesboro zu dieser Wahnsinnstat motiviert hat, wird im einzelnen noch zu klären sein. Laut Pressemeldung trugen sie bei ihrem Überfall Camouflage-Anzüge und Jagdmützen – ganz als ob sie mit ihren Vätern auf die Jagd gingen. Aber wie gesagt: An der Waffenkultur wird auch dieser Fall nichts ändern. Schärfere Waffengesetze wird es – vorbehaltlich einer göttlichen Erleuchtung – auch nach diesem Massaker nicht geben. Statt dessen wird die Legislative von Arkansas nun ganz schnell das Mindestalter für Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre heruntersetzen. So einfach ist das: Wenn Kinder die Unschuld verraten, macht man sie zu Erwachsenen. Andrea Böhm

Bericht Seite 10

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