: Devise: Zusammenraufen
■ Trotz Stunk und alledem: Vertrag mit GMD Günter Neuhold wird „natürlich“verlängert, erklärt der Herr Senatsdirektor
In knapp drei Wochen präsentiert das Bremer Theater den neuen Spielplan, und noch immer ist offiziell nichts bekannt über die nicht ganz unwichtige Verlängerung des im Sommer 1999 auslaufenden Vertrages mit dem Generalmusikdirektor Günter Neuhold. Weil die ähnliche Entscheidung über die Weiterverpflichtung des Intendanten Klaus Pierwoß schneller fiel, gibt es in Sachen Neuhold Grund genug, in der Behörde nachzufragen. „Natürlich verlängern wir“, sagt Senatsdirektor Rainer Köttgen lapidar und ergänzt: „Und zwar um drei Jahre bis 2002.“
Ganz so natürlich ist das nicht. Denn zum längst bekannten Zoff zwischen Pierwoß und Neuhold kommt nun der zwischen dem GMD und dem Orchester. Wie berichtet, hatte Neuhold dem Orchester unterstellt, ein ihn diffamierendes anonymes Fax stamme aus den Reihen des Orchesters. Der Aufforderung, sich zu entschuldigen, kam er mit einer Aufforderung seinerseits nach: Er entschuldige sich erst, wenn das Orchester ihm nachweise, daß das Fax nicht aus dessen Reihen komme. Was hier so kleinkariert klingt, dürfte in Wahrheit die Spitze eines – milde gesagt – schwer gestörten Verhältnisses sein. „Das ist nichts Ungewöhnliches, das interessiert uns nicht“, sagt Rainer Köttgen und bestätigt, daß der Vertrag wieder genauso aussehen werde: „Die müssen sich zusammenraufen, genauso wie Pierwoß und Neuhold“.
Neuhold ist Operndirektor, und als solcher verlangt er ein Mitspracherecht in Sachen Regie, das „Pierwoß ihm verweigere“. Pierwoß: „Nein, das ist so geworden. Er hat sich aufgrund unserer Vorschläge niemals informiert. Das kann sich ja wieder ändern“. Steht die Vertragsverlängerung Neuholds intern also auf nicht nur tönernen, sondern auf gläsernen Füßen, so scheint sie äußerlich unerläßlich: Bevor Neuhold kam, war das vernachlässigte Orchester in einen qualitativen Zustand geraten, der nur zu gut verstehen ließ, daß die AbonnentInnen der Philharmonischen Konzerte reihenweise kündigten und die Oper mehr schlecht als recht über die Runden kam.
Neuhold hat das Orchester wieder konkurrenzfähig gemacht und seltenes Repertoire gespielt, hat sich vor allem um die ganz große Sinfonik wie Bruckner, Mahler und mit der monumentalen „Turangalila“-Sinfonie sich beispielweise auch um Olivier Messiaen gekümmert, darüber hinaus Uraufführungen angesetzt. Das Orchester ist nach drei Jahren kaum wiederzuerkennen, wobei man gerechterweise sagen muß, daß auch die beiden Kapellmeister Rainer Mühlbach und Massimo Zanetti das Ihre dazu beigetragen haben. Neuhold hat mit einigen CDs die neue Qualität nachgewiesen – man mag darüber streiten, ob ein übersättigter Markt noch weiter gefüllt werden muß.
Das Orchester sieht das anders: „Wir spielen immer für den Chef besser als für andere, das ist nicht sein Verdienst“, sagt ein Musiker. Die Behörde vertraut darauf, daß diese Probleme untergeordnet sind, denn „wo ist das nicht so“, sagt Rainer Köttgen cool. Und selbst Klaus Pierwoß meint, daß das „Ergebnis unterm Strich stimmt“. Und sybillinisch fügt er dazu, fortan den nötigen Spagat zwischen „gewünschter und realer Wirklichkeit hinzukriegen“. Ute Schalz-Laurenze
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