Nachgefragt: „Wir kommen früher“
■ Bremer Auswertung der Ahaus-Demos
In Bremen haben Castor-GegnerInnen die März-Aktionen ausgewertet. Darüber sprach der 27jährige Physik-Student Bernhard Stoevesandt mit der taz .
taz: Wie ist die Stimmung im Rückblick?
Bernd Stoevesandt: Zwiegespalten. Die Aktionen waren erfolgreich, obwohl der Castor-Transport früher kam. Andererseits wollen wir nächstes Mal besser klarmachen, daß das Ziel der Proteste die Stillegung der Atomanlagen sein muß – und weniger, einen Castor ewig lang zu blockieren.
Wie seht ihr die Aktionen bei Ahaus?
Ziemlich positiv. Wir hatten ja nicht damit gerechnet, daß es so früh losgeht; sowas hat es noch nie gegeben. Trotzdem sind viele Leute relativ schnell hingefahren. Wir schätzen, es waren 200 Bremer da, aber das ist offen, weil es vor Ort keine Treffpunkte gab; jeder ist irgendwohin gefahren und hat irgend etwas unternommen.
So gesehen, war die Polizeitaktik gelungen.
Einerseits ja. Andererseits war die Polizei von ihrer eigenen Taktik offenbar so überrascht, daß sie ihre Einheiten nicht koordinieren konnte. Deshalb haben manche Aktionen ja ganz überraschend geklappt – und wir kamen sogar an die Schienen.
Daß du dich dort anketten konntest war also eher Zufall?
Zum Teil ja. Die Polizei kam erst nach ein paar Minuten. Dann wurde gewartet, bis der Vorzug mit den technischen Einheiten kam und die anfingen rumzubasteln. Sie mußten die Schiene aufschneiden, um mich mit dem Rohr rauszuziehen. Das hat gedauert.
Es gab teils grobe Übergriffe der Polizei. Wie ging's dir?
Ganz O.K., weil klar war, daß eine Verletzung von mir alles verzögert hätte. Aber an anderer Stelle wurde schon von brutalen Übergriffen mit chemischer Keule und Schlagstock berichtet, wobei unklar blieb, wen es warum traf.
Wie waren die Kontakte zwischen Zugereisten und Ahausern?
Es haben wahnsinnig viele Leute aus Ahaus bei den Aktionen zugeguckt oder mitgemacht. Wir haben schon gemerkt, daß die viel weniger Erfahrungen haben. Manche waren sehr schockiert vom Ausnahmezustand und einer Polizei, die den Wasserwerfer auf Gruppen hält, in denen auch Kinder sind, beispielsweise als der Zug schon vorbei war und alle nach Hause gingen. Da sind sogar Ahauser richtig ausgetickt und haben Steine geworfen. Das waren keine „angereisten Chaoten“, von denen sonst gern gesprochen wird.
Wieviel Anzeigen laufen gegen Bremer?
Rund 15, wegen Eingriffen in den Schienenverkehr, Nötigung, Mitführen von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet sind. Aber Konsens war auch dieses Mal: Keine Gewalt gegen Menschen.
Wie seht ihr die Zukunft?
Wir werden früher kommen, wenn im Herbst der Transport nach Gorleben rollt und vorher das Zwischenlager Lubmin bei Greifswald in Betrieb geht; naja und durch Bremen laufen ja auch Atomtransporte.
Fragen: Eva Rhode
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