: Druck auf Druckraumbetreiber
Sozialsenatorin Roths Linie in der Drogenpolitik: Mehr Öffnungszeiten. GAL und SPD diskutieren über zweite Schanzen-Fixerstube ■ Von Silke Mertins
Eine außer Kontrolle geratene Drogenszene im Schanzenviertel, eine kaum veränderte Situation am Hauptbahnhof, eine vorübergehend geschlossene Drogenhilfe-Einrichtung sowie ein Dauerstreit zwischen freien Trägern und Behörde: Hamburgs neue Sozial- und Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) hat kein leichtes Erbe übernommen. Gestern stellte die Nachfolgerin der zurückgetretenen Helgrit Fischer-Menzel ihre Linie in der Drogenpolitik vor.
„Bevor ich in neue Räumlichkeiten investiere, investiere ich lieber in Menschen“, so Roth. Statt einen zweiten Gesundheitsraum im Schanzenviertel einzurichten, will sie die Öffnungszeiten des „FixStern“am Schulterblatt ausweiten und dafür auch mehr Personal bereitstellen. Gleichzeitig soll auf alle Drogenhilfeeinrichtungen mehr Druck ausgeübt werden, ihre Öffnungszeiten mit dem vorhandenen Personalbestand auszuweiten. „Die Ladenschlußzeiten werden ja auch diskutiert“, so Roth.
An dem dezentralen Konzept, Gesundheitsräume in möglichst vielen Stadtteilen einzurichten, hält Roth fest. „Die Prioritätenliste wird durchgezogen.“Das bedeutet: Zuerst werden die Fixerräume an bestehende Einrichtungen in Ottensen (Kodrops), Eimsbüttel (Café Drei), St. Pauli (Stay Alive) und St. Georg (Ragazza – nur für Frauen) „angedockt“. Dann werden die Öffnungszeiten ausgeweitet. Sollte sich darüber hinaus tatsächlich zusätzlicher Bedarf herausstellen, müsse man „flexibel“reagieren.
Roth trug ihre Vorstellungen anläßlich einer „guten Nachricht“im „FixStern“vor: Ab Montag hat der einzige Druckraum im Schanzenviertel wieder 37 Stunden pro Woche geöffnet. Aus dem „Drug-Mobil“in Billstedt wird kurzfristig Personal umverteilt.
Roth warf dem Trägerverein freiraum in dem Zusammenhang „Personalmißmanagement“vor. „Sie hätten schon vor Wochen aktiv werden können“, sagte sie zu freiraum-Geschäftsführer Norbert Dworsky. Künftig soll ein „Personal-Pool“für Engpässe zur Verfügung stehen. Dworsky wies die Vorwürfe zurück. Zudem solle Roth sich nicht einbilden, 37 Stunden Öffnungszeit könnten den Bedarf im Viertel decken. „Drei Einrichtungen wären erforderlich.“
Dworsky weiß die GAL und den größten Teil der SPD bei seiner Forderung nach einer weiteren Einrichtung im Schanzenviertel hinter sich. Dafür müssen die Koalitionsparteien allerdings zusätzliches Geld beschaffen. Eine Lösung auf Kosten bereits geplanter Fixerstuben, wie die GAL sie im Sinn hat, wird von der SPD aber nicht akzeptiert. Die GAL hat bereits einen Haushaltsantrag für einen zweiten Fixerraum bereits gestellt – der schmort jedoch in dem Stapel, der mit der SPD bis Ende des Monats noch verhandelt werden muß.
Gestern im Gesundheitsausschuß wurde deshalb diese Frage von den Koalitionären nur sehr vorsichtig angesprochen. Hinter den Kulissen soll zwischen Rot und Grün zunächst einmal eine Annäherung erreicht werden, bevor die beiden Regierungsparteien sich öffentlich darüber auseinandersetzen. Einig ist man sich zunächst nur darin, daß die neue Senatorin für „Offenheit und Kompetenz“stehe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen