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Frankreich gegen Deutschland im Euro-Spiel

Auf dem EU-Finanzministertreffen blockierte Frankreich die deutsche Forderung nach einer Stabilitätserklärung für die Währungsunion. Auch der deutsch-französische Streit um den Zentralbankvorsitz geht weiter  ■ Von Nicola Liebert

Berlin (taz) – In Luxemburg, dem neben Irland einzigen Euro- Land mit Haushaltsüberschüssen, stritten sich gestern die EU-Finanzminister gar heftig über die Verwendung solcher Überschüsse. Bundesfinanzminister Theo Waigel fordert nämlich von seinen Euro-Partnern eine Stabilitätserklärung, die an sich ziemlich unumstritten ist, aber eine kritische Passage enthält: Haushaltsüberschüsse sollen die Staaten künftig zum Schuldenabbau einsetzen und nicht etwa zum Abbau von Arbeitslosigkeit.

Empört stellte sich Frankreich quer und beharrte darauf, auch Arbeitsmarktmaßnahmen finanzieren zu können. Waigel wiegelte daraufhin ab. Gemeint seien doch nur diejenigen Länder, deren Schuldenberg besonders weit über dem Grenzwert des Maastricht- Vertrags liege, namentlich Belgien und Italien. Frankreich, das ja die Euro-Kriterien einhalte, dürfe selbst entscheiden, wie es seine Haushaltsmittel verwendet.

Es half nichts, die Minister gingen ohne eine Einigung auseinander. Waigel gab sich aber unverdrossen und zweifelte nicht daran, daß diese Selbstverpflichtung Anfang Mai verabschiedet wird. Am ersten Mai-Wochenende werden die Euro-Teilnehmerstaaten offiziell gekürt.

Die Stabilitätserklärung, eine Verschärfung des Stabilitätspakts, hatte Waigel bereits vor einem Monat auf dem EU-Gipfel in York gefordert. Der Stabilitätspakt sieht vor, daß diejenigen Staaten, die nach Einführung des Euro zu viele Schulden machen, Strafe zahlen müssen. Die Stabilitätserklärung setzt noch eins drauf: Bereits jetzt sollen die Staaten sich so verhalten, als gelte der Stabilitätspakt schon. Ihre Haushalte für 1998 und die Entwürfe für 1999 sollen dazu streng überwacht werden. Die hochverschuldeten Länder Belgien und Italien sollen zu zusätzlichen Anstrengungen zum Schuldenabbau verpflichtet werden. Und auch wenn ein Staat Probleme bekommt, darf es zu keinerlei Finanztransfers kommen.

Alles das sei einzig und allein als Signal an die euroskeptische deutsche Wählerschaft zu werten, begründeten Beobachter die Waigelsche Strenge. In Wahrheit ändere eine Stabilitätserklärung nichts Wesentliches an den Bestimmungen des Maastrichter Vertrags.

Die französische Regierung ficht das nicht an. Sie ist sauer auf Waigel, weil der die Ernennung des französischen Kandidaten Jean-Claude Trichet zum Präsidenten der künftigen europäischen Zentralbank verhindern will. Die Deutschen machen sich für den Niederländer Wim Duisenberg stark, der als Stabilitätsapostel gilt. Auf ihrer gestrigen Sitzung vertagten die Finanzminister auch dieses Problem. Der Präsident der Zentralbank soll auf dem Gipfeltreffen Anfang Mai benannt werden.

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