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Abweichler werden gebrandmarkt

DVU-Chef Frey wähnt sich von Feinden umzingelt und kontrolliert allein seine Partei. Niederlage der Wehrmacht als Trauma  ■ Von Bernd Siegler

„Ich weiß selbst, was ich zu sagen habe, da braucht sich sonst niemand zu äußern.“ Der Standardspruch des schwergewichtigen Vorsitzenden der „Deutschen Volksunion“, Gerhard Frey, sagt viel darüber aus, wie sich der 65jährige Politik vorstellt. Die DVU ist er und sonst niemand. Deswegen hat auch nur er etwas zu sagen.

Seit der Gründung der DVU im Jahre 1971 kontrolliert Frey die Partei von seinem Münchner Chefsessel aus. Als die DVU in den Landtagen von Schleswig-Holstein und Bremen saß, gingen die wenigen parlamentarischen Anfragen über seinen Schreibtisch, und die Fraktionsgelder flossen zurück in die Zentrale. Muckte ein Abgeordneter auf wie der damalige Kieler DVU-Fraktionschef Ingo Stawitz, dann leitete Frey eben ein Ausschlußverfahren ein und brandmarkte ihn in seiner Deutschen Nationalzeitung als „Verräter“.

Mit seinen mit NS-Devotionalien und Immobilien verdienten Millionen hat Frey die DVU fest in der Hand. Er gefällt sich dabei in der Rolle des Einzelkämpfers, der gegen übermächtige politische Gegner in „schwere Schlachten“ zieht. Wer sich umgeben wähnt von lauter Feinden, der baut nicht nur seine Nobelvilla in München- Gräfelfing mit allerlei sicherheitstechnischem Schnickschnack zur Festung aus. Der vertraut auch nur seinen engsten Mitarbeitern; wenn es hart auf hart geht, dann nur seiner Familie.

Ehefrau Regina hat generelle Handlungsvollmacht und leitet den Verlag, Tochter Michaela ist für Anzeigen und Honorare zuständig und Sohn Gerhard junior arbeitet in der Verlagsleitung, sitzt im Parteivorstand und verfaßte das im familieneigenen Verlag erschienene Machwerk „Polens verschwiegene Schuld“.

„Schuld“ spielt eine überragende Rolle in Freys Ideologie, insbesondere die verschwiegene. Daß die deutsche so offensichtlich und öffentlich ist, stört den Rechtsextremisten maßlos. Deswegen betrachtet es Frey als seine Lebensaufgabe, vermeintlich „Verschwiegenes“ aufzudecken. So sollen „verschwiegene Dokumente“ die Frage erhellen „Wer ist wer im Judentum“, mit Enthüllungen will er „Prominente ohne Maske“ darstellen, und er veröffentlicht „Verheimlichte Dokumente – Massenmordlügen gegen Deutschland“. Bei all dem hat er nur eines im Sinn: „Freispruch für Deutschland“.

Das Bild, als die amerikanischen Truppen im Frühjahr 1945 seinen Heimatort Cham in der Oberpfalz besetzten, wird Frey nie vergessen. Die Niederlage der für ihn so hochgeschätzten Wehrmacht entwickelte sich zu einem Trauma für den damals 12jährigen Sproß einer nationalkonservativen Kaufmannsfamilie. Die „beste, anständigste, tapferste, ruhmreichste und ehrenvollste Truppe, die es jemals gab“ (O-Ton Frey), wurde geschlagen. Der Absolvent des Elitegymnasiums in Kloster Ettal und Dr. rer. pol. setzte nun alles daran, die NS-Verbrechen zu relativieren und die Wehrmacht zu rehabilitieren.

Niederlagen kann Frey sowieso nicht verwinden. Sie verursachen tiefe Wunden im Ego des DVU- Chefs, der nachtragend bis zum letzten ist. Als die NPD ihn nicht als Direktkandidaten für München aufstellte und er 1976 auch noch als stellvertretender Bundesvorsitzender durchfiel, sann er auf Rache.

Er startete eine Kampagne gegen die NPD und machte die DVU mit aggressiver Mitgliederwerbung zur stärksten rechtsextremen Gruppierung. Dann ersann er die Taktik, die NPD durch Umarmung zu eliminieren. Mit Erfolg. Das 1987 geschmiedete Bündnis mit der NPD brachte diese an den Rand der Bedeutungslosigkeit. „Jeder, der sich mit ihm einläßt, wird nicht nur politisch diskreditiert, sondern auch ausgenutzt, mißbraucht, gefleddert“, charakterisierte der einstige „Schriftleiter“ im Frey-Verlagsimperium, Harald Neubauer, seinen früheren Chef.

Dies mußte auch der damalige Vorsitzende der „Republikaner“ (Rep), Franz Schönhuber, erfahren. Frey merkte, daß ihm da ein gefährlicher Konkurrent im rechten Lager heranwuchs, der über das verfügte, was der reiche Verleger und Hobbyschütze gerne hätte: Charisma und rhetorisches Talent.

Wenn Frey bei öffentlichen Veranstaltungen wie alljährlich in der Passauer Nibelungenhalle redet, poltert er mehr, als daß er pointiert spricht. Der pausbäckige Mann, der kaum über das Rednerpult schauen kann, rudert dann mit seinen Armen, anstatt das Gesagte mit geschickten Gesten zu unterstreichen.

Es war eine Schmach für Frey, als Neubauer die Seiten wechselte und bayerischer Rep-Vorsitzender wurde. Doch Frey sah im August 1994 seine Rachestunde gekommen. Er traf sich mit dem innerparteilich angeschlagenen Schönhuber, vereinbarte eine gemeinsame „rechte Abwehrfront“ und veröffentlichte dies. Damit stürzte er die Reps in eine Zerreißprobe, Schönhuber verlor den Parteivorsitz, und die Reps waren dauerhaft geschwächt.

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