piwik no script img

■ KommentarKein Persilschein

Mit fünf toten Patienten fing es an, inzwischen ist es zu einem unseligen Duell geworden. Juristen und medizinische Gutachter schieben sich gegenseitig gewaltige Schriftsätze über den Tisch, doch noch immer ist nicht einmal in Ansätzen geklärt, woran die fünf Malariakranken des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin wirklich gestorben sind.

Zu spät verlegt, falsche Medikation oder waren es organisatorische Mängel, der übliche Streit um Zuständigkeiten? Wen interessiert das heute noch, lebendig wird das Quintett ja auch nicht, selbst wenn man es wüßte.

Dafür wird leidenschaftlicher denn je um das Wohl und Wehe eines Mediziners gerungen, der es mutmaßlich duldete, daß in seiner Klinik unerlaubte Arzneimitteltests an nicht informierten Patienten durchgeführt wurden. Das zu beweisen oder zu widerlegen, ist späteren Prozessen vorbehalten.

Der gestrige Urteilsspruch ist nur scheinbar ein Persilschein für Professor Dietrich. Das einzige, was gerichtlich entschieden wurde, ist, daß die Gesundheitsbehörde arbeitsrechtlich schlampig gearbeitet hat.

Dreimal gekündigt, dreimal von den Richtern zurückgepfiffen. So muß es gehen, wenn man wie Senatorin Helgrit Fischer-Menzel nur einer Quelle glaubt. Ein Gutachten wird schon reichen, dachte sich die Sozialdemokratin. Zu wenig, wie man inzwischen weiß. Doch ausreichend für manche, um – nicht nur deshalb – ihren Kopf zu fordern.

Wenn es denn so einfach wäre. Strukturelle Veränderungen in der Patientenversorgung sind viel wichtiger. Fünf Tote sollten dafür eigentlich Grund genug sein. Clemens Gerlach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen