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Neues Konzept für Digital-TV

■ Überraschender Vorschlag des Telefonkonzerns Otelo im Streit der EU-Kommission mit Bertelsmann und Leo Kirch: Konkurrenz durch neue Kabelgesellschaften. Holtzbrinck-Verlag verkauft Sat.1-Anteil an Kirch-nahe B

Bonn/Hamburg (AFP/dpa) – In den Streit zwischen der EU-Kommission und den Medienkonzernen Kirch und Bertelsmann über ihre Digital-TV-Fusion ist durch einen Vorschlag des Telefonanbieters Otelo Bewegung gekommen. Das Unternehmen reichte in Brüssel ein neues Konzept für die umstrittene Vermarktung der digitalen Programme ein, berichteten Frankfurter Allgemeine Zeitung und Welt am Sonntag. Danach sollen Bertelsmann und Kirch ihre Programme durch ein von Otelo treuhänderisch verwaltetes Konsortium vermarkten lassen, zu dem sich die Betreiber der Kabelnetze zusammenschließen sollen, darunter auch die Deutsche Telekom.

Mit dem neuen Konzept könnte das aus Brüssel erwartete Verbot der geplanten Fusion von Bertelsmann und Kirch zu ihrem Digital- TV-Sender Premiere vermieden werden. EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert will darüber bis Anfang Juni entscheiden. Otelo ist die gemeinsame Telekom-Sparte der deutschen Energiekonzerne RWE und Veba.

Das Konzept von Otelo sieht den Berichten zufolge vor, daß das Kabelbetreiber-Konsortium und die beiden Medienkonzerne die Programme konkurrierend anbieten. Damit würden die Brüsseler Bedenken berücksichtigt, die sich gegen ein Monopol der Konzerne sowohl bei der Herstellung als auch der Vermarktung der Programme richten. Unklar ist jedoch, ob die Konzerne bereit sind, ihren Anspruch auf die Vermarktung der Programme an das Otelo-Konsortium abzutreten und für die Verbreitung zu zahlen.

Für die Umsetzung des Konzepts müßte sich die Deutsche Telekom als größter Kabelnetzbetreiber dem Konsortium entweder anschließen oder ihm Kabeldienstleistungen verkaufen. Ein Telekom-Sprecher sagte am Sonntag, das Unternehmen plane die Ausgliederung der entsprechenden Technik in ein Tochterunternehmen, so daß auch die Bildung regionaler Gesellschaften mit verschiedenen Partnern möglich sei. Damit wäre das Otelo-Konzept grundsätzlich möglich.

Während bei den digitalen Zukunftsplänen noch vieles offen ist, bringt die Kirch-Gruppe ihr derzeitiges Paradepferd Sat.1 immer weiter unter Kontrolle. Die Stuttgarter Holtzbrinck-Gruppe hat nach einem Bericht des Spiegels ihren Anteil von 15 Prozent am Privatsender Sat.1 an eine Partnerbank des Münchener Filmhändlers verkauft. Die Kirch-Gruppe, die bereits mit 43 Prozent an Sat.1 beteiligt ist, hatte Interesse an dem Anteilspaket. Doch das Bundeskartellamt hat starke Bedenken gegen die Übernahme, mit der Kirch die Mehrheit an dem Privatsender errungen hätte. Eine Entscheidung will das Kartellamt bis zum Juli fällen. Laut Spiegel soll die ungenannte Bank Holtzbrinck „einen hohen zweistelligen Millionenbetrag“ gezahlt haben.

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