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Die „Freiheit“ am Boden zerstört

Gestern gedachte man in einem Festakt der Paulskirche. 150 Jahre nach den Kämpfen wurde die Ausstellung „Aufbruch zur Freiheit“ eröffnet  ■ Aus Frankfurt Klaus-Peter Klingelschmitt

„Was bleibt? Es bleibt das demokratische Erbe. Es bleiben die Grundrechte und die Gleichheit vor dem Gesetz.“ Der hessische Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) sagte dies gestern beim Festakt „150 Jahre Paulskirche“.

Und er verschwieg auch nicht die andere, unangenehme Wahrheit: „Soziale Rechte fanden in die Verfassung der Paulskirche keinen Eingang.“ Damit hätten sich die Paulskirchenparlamentarier von der Mehrheit derer entfernt, die mit ihren Demonstrationen und (Barrikaden-)Kämpfen den Weg zur Einrichtung der Nationalversammlung erst freimachten. Für Eichel ein „folgenschwerer Fehler“; begangen von der Mehrheit der konstitutionellen Monarchisten um den Paulskirchenpräsidenten Heinrich von Gagern.

Die „Freiheit“ liegt, die einzelnen Buchstaben aus weißem Styropor gesägt, denn auch gleich am Eingang zur Ausstellung „1848 – Aufbruch zur Freiheit“ – am Boden. Ein symbolisches Bild. Denn mit der Eröffnung der postrevolutionären Nationalversammlung am 18. Mai 1848, die nach der Erarbeitung einer konstitutionellen Verfassung für Deutschland dem reaktionären König von Preußen vergeblich die Kaiserkrone andiente, war es rasch vorbei mit der Revolution. Monate später auch mit der Freiheit.

Für den Kurator der gemeinsamen zentralen Ausstellung von Deutschem Museum Berlin und Schirn Kunsthalle Frankfurt zur Feier der Revolution und der Nationalversammlung vor 150 Jahren, den Historiker Lothar Gall, ist die Revolution von 1848 eine weiße Revolution; eine parlamentarische Revolution der Eliten. Was das revolutionäre Volk von „seinen“ Abgeordneten forderte, was manifest wurde in den Beschlüssen zahlreicher Volksversammlungen, bleibt deshalb unerwähnt: kein Offenburger oder Karlsruher Manifest, keine Proklamationen für die „Freie Republik“ von Demokraten aus Baden oder den beiden hessischen Ländern. Kein Hinweis auf die zentralen Forderungen der Revolutionäre von März und April 1848: Abschaffung der erblichen Monarchien, Freilassung aller politischen Gefangenen, Errichtung eines demokratischen deutschen Bundesstaates nach US-amerikanischem Vorbild.

„Wir wollten keine Schulbücher an die Wände nageln“, begründete Gall schon am Freitag den „Mangel an Information“, den völligen Verzicht auf Texte zu den Exponaten der Ausstellung. Die Kunst habe im Mittelpunkt der konzeptionellen Überlegungen gestanden, sagte Gall. Ist also der Pinselstrich etwa am gigantischen Gemälde „Germania“ den Machern wichtiger als die Vermittlung historischer Wahrheiten? Gall lächelte darüber nur nachsichtig.

Für den Generaldirktor des Deutschen Museums in Berlin, Christoph Stölzl, ist die sieben Millionen Mark teure Ausstellung zuerst eine „Expedition in die Kunst- und Kulturwelt des 19. Jahrhunderts“. Für Geschichte und Gegenwart war gestern der Bundespräsident zuständig. Roman Herzog zog Parallelen von 1848 bis 1998: „Heute wie damals stehen wir an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. Damals an der Schwelle zur Industriegesellschaft, heute zur Informationsgesellschaft.“ Damals sei es um die Errichtung eines „demokratischen Nationalstaates“ gegangen, heute um den Bau des demokratischen Hauses Europa. Auch Herzog (wie Gall) ein Geschichtsklitterer? Von Demokratie redeten Ende 1848 in der Paulskirche nur noch „Linke“ wie Robert Blum. Und die wurden nach dem Sieg der Konterrevolution exekutiert oder mußten außer Landes fliehen.

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