■ Querspalte: Geißler/Weizsäcker-Lehrbuch
Ein bahnbrechendes Lehrbuch liegt auf unserem Tisch. Lassen Sie sich nicht vom Titel abschrecken, auch nicht vom Vorwort des Soziologen Niklas Luhmann. In „Kommunikatives Paradoxon“ weisen die Autoren Richard von Weizsäcker und Heiner Geißler der Menschheit den Weg in ein gedeihliches Miteinander. Sie müssen nur das erste Kapitel beherzigen. Im munteren Plauderton erinnern sich die Autoren an den Mai 1998, als SZ und Rheinische Post Interviews mit ihnen druckten, die sie nie gegeben haben wollten.
Aber zitieren wird doch der Einfachheit halber Weizsäcker/ Geißler: „Sie sind genervt von ihrer eigenen Partei. Sie sagen: Die PDS ist gar nicht so schlimm. Alle werden toben. Aber ihnen kann nichts geschehen. Denn sie antworten: Das habe ich nie gesagt, weil das, was ich gesagt habe, habe ich eigentlich nicht gesagt.“ Wenn Sie diese Regel befolgen, sind sie immun. Weizsäcker/Geißler haben ihrem Werk dankenswerterweise einige lebensnahe Tips beigemischt. „Sie sind“, heißt es dort, „genervt von ihrem Partner. Sie sagen: Ich mache Schluß. Sie kehren am nächsten Tag zurück. Sie antworten: Das habe ich nie gesagt, weil...“ Wir hatten vor, das Werk als Fortsetzungserie abzudrucken. Wir fragten bei den Autoren an. „Das Buch“, sagte der Altbundespräsident und machte ein lange Pause, „war als solches nicht verabredet und für mich nicht erkennbar.“ Heiner Geißler war ganz besonders fuchsig: „Die wiedergegebenen inhaltlichen Äußerungen entsprechen nicht meiner Meinung.“ Wir blickten auf das Manuskript. Da standen die Sätze. Wir hatten vergessen, daß wir ja mit den Vätern des „Kommunikativen Paradoxons“ gesprochen hatten. Severin Weiland
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