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Wo der Suden lockt

Tourismus im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer: Ja, aber natürlich  ■ Von Sven-Michael Veit

Suden schmeckt gut. Fast kann man verstehen, warum Meerstrandwegerich im Naturzustand das Lieblingsfutter der Wildgänse ist. Kleingehackt und in Käse-Sahne-Soße aber wird die Salzwiesen-Pflanze zur denkbar schmackhaftesten Beilage zu Lammkeule und Bratkartoffeln.

Peterswarf auf der Hallig Langeneß: Die MitarbeiterInnen im Haus der Schutzstation Wattenmeer haben für ihre Gäste gekocht. Nach uralten Halligrezepten und nur ausnahmsweise, wie sie betonen, denn die acht JournalistInnen aus ganz Deutschland wurden von der Schutzstation und dem World Wild Fund for Nature (WWF) eingeladen. Sind Naturschutz und Tourismus im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer miteinander zu vereinbaren? lautet die Frage, die Umweltschützer und Tourismusexperten so beantworten: Ja, aber natürlich.

Auf der Hallig Langeneß zwischen Pellworm und Föhr wird das erfolgreich beherzigt. Eine Straße, ein Auto pro Stunde, ein paar Schafe, ein paar Kühe und – vor allem im Frühjahr und im Herbst – Hunderttausende von Vögeln. Alle 100 Meter hockt ein Austernfischer auf seinem Nest, im Watt staksen unzählige hungrige Knutts durch den Schlick und über die Wiesen watscheln zigtausend mampfende Ringelgänse.

90.000, so die aktuelle Zählung, haben im Mai auf ihrem Weg von Westafrika zu den Brutgebieten in Sibirien im Nationalpark Wattenmeer eine mehrwöchige Rast gemacht, bis vor 20 Jahren waren es bestenfalls 10.000 gewesen. „Wer die Natur schützt“, sagt Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Büros in Husum, „hilft ihr, sich zu regenerieren und zu entfalten. Und muß sich anschließend über Touristen nicht wundern“. Sondern sie leiten – und anleiten.

Dies ist eine der wichtigsten Aufgaben des Wattenmeerhauses auf Langeneß. Die MitarbeiterInnen, meist Zivildienstleistende und Biologie-StudentInnen, führen diverse naturkundliche Führungen durch Wiesen und Watt durch, kartieren und zählen immer wieder neu die Vogel-Populationen und untersuchen auf einer 20 Hektar großen WWF-eigenen Salzwiese in einem Modellprojekt die Auswirkungen extensiver Beweidung auf die Tier- und Pflanzenwelt.

An all dem können – und sollen – die Tagesgäste auf der Hallig und natürlich die Gruppen im Wattenmeerhaus selbst teilnehmen. Es bietet BildungsurlauberInnen, Schulklassen oder TeilnehmerInnen von Volkshochschul-Kursen Selbstversorgung mit Jugendherbergs-Charme für 18 Leute, Seminarräume, Ferngläser und Fahrräder, viel Bewegung in frischer Luft und – keinerlei Geräusche als die von Wind und Wellen.

Also genau das, was nach jüngsten Befragungen die BesucherInnen im Nationalpark suchen. Drei Viertel aller Befragten verlangten nach naturkundlichen Führungen, nach Lehrpfaden und Informationen aller Art; mehr als 90 Prozent dürstete es in erster Linie nach – Ruhe.

Auf ins Watt

Hinkommen:

Mit dem Zug nach Husum, dann per Bus nach Schlüttsiel, von dort mit der WDR-Fähre nach Langeneß. Das Gesamtpaket ab Hamburg: Tel.: Hapag Lloyd Reisebüro Dammtorbahnhof, Tel.: 040/44 50 51

Anmeldung für Fährplätze: Wyker Dampfschiffsreederei (WDR), Tel.: 04681/80-0, Fax: 80-116.

Unterkommen:

Fremdenverkehrsbüro Langeneß, Ketelswarf, 25863 Hallig Langeneß, Tel.: 04684/217, Fax: 289.

Wattenmeerhaus, Peterswarf, Tel.: + Fax: 216.

Naturkundliche Infos:

Schutzstation Wattenmeer, Grafenstr. 23, 24768 Rendsburg, Tel.: 04331/23622, Fax: 25246.

WWF-Büro, Norderstr. 3, 25813 Husum, Tel.: 04841/62073, Fax: 4736, E-Mail: husum*wwf.de.

Landesamt für den Nationalpark, Schloßgarten 1, 25832 Tönning, Tel.: 04861/616-0, Fax: 459, Internet: www.sh-nordsee.de/nationalpark

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