piwik no script img

„Wir schöpfen unsere Rechte viel mehr aus“

■ Julia Liedtke (17), Chefin der SchülerInnenkammer, über Schulalltag und Sparpläne

taz : Wie sieht der Schulalltag in Hamburg heute aus?

Julia Liedtke: Im Gegensatz zu früher, als ich anfing, sind die Schülerinnen und Schüler heute richtig gut organisiert. Die haben ein viel besseres Demokratieverständnis. Wir schöpfen unsere Rechte viel mehr aus. Außerdem gibt's mit dem neuen Schulgesetz viel mehr Möglichkeiten, aktiv zu werden.

Und wie sieht's inhaltlich aus?

Schlecht! Ich war bis zum vorigen Jahr noch auf einem Gymnasium, und da gab's Unterrichtsausfall noch und nöcher. Ein großes Problem ist außerdem das Alter der Lehrer. Die können sich kaum noch in die Probleme hineindenken, die Schüler heute haben.

Wie alt sind deine Lehrer?

Auf dem Gymnasium waren sie im Schnitt so Ende 40, Anfang 50.

Und wieviel Unterrichtsausfall hast du bisher erlebt?

Das war schon massiv. So ab Klasse 10 waren das sicherlich zwei Stunden pro Woche, die im Schnitt ausfielen. Qualitativ verschlechtert hat sich der Unterricht auch. Der wird nicht mehr vernünftig vorbereitet. Es ist kaum noch Zeit da, um mal ausführlich zu diskutieren, um nachzufragen.

Woran liegt das? Sind die Lehrer so gestreßt oder einfach unmotiviert?

Da gibt's sicher solche und solche. Mancher wird gestreßt sein, andere haben persönliche Probleme. Das muß man wohl differenziert sehen.

Was hältst du von Schulsenatorin Raabs Sparideen?

Ich hab' Angst davor, daß vor allem die Nachmittagsangebote wegfallen werden. Das wäre für Hamburgs sogenannte soziale Brennpunkte katastrophal. Dann haben wir wieder die gewaltbereite Jugend, die sich mit Drogen vollpumpt.

Wie sollte denn gespart werden?

Es darf weder im Bildungs- noch im sozialen Bereich gekürzt werden. Das kann ja nicht plötzlich heißen, jetzt kriegen die Arbeitslosen weniger Geld.

Wenn nicht bei der Bildung gespart wird, wo dann?

Ich bin doch als Schülerin nicht kompetent genug, um mich durch diesen ganzen Haushaltsplan durchzuwühlen. Wenn schon sparen, dann sollten die Politiker kürzer treten. Die kriegen ja auch ganz gut Geld.

Fragen: Karin Flothmann

Julia Liedtke geht in die 11. Klasse der Erich-Kästner-Gesamtschule in Farmsen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen