piwik no script img

Die Bahn läßt warten

■ Chaos und Trauer: Wie der neue Zugfahrplan der Bahn den Weser-Ems-Raum benachteiligt

Auch in Norddeutschland hat der neue Zugfahrplan der Deutschen Bahn AG zu chaotischen Zuständen geführt. So gab es zu Wochenbeginn Tumulte auf dem Oldenburger Hauptbahnhof, als der nach dem neuen Fahrplan vorgesehene letzte Zug nach Wilhelmshaven den Bahnhof um 21.18 Uhr nicht verließ. Der Grund: Er war überfüllt, Fahrgäste mußten zurückgewiesen werden – darunter auch Bundeswehrsoldaten, die mit Bussen in die Kaserne nach Wilhelmshaven geholt werden mußten. Nach harschen Protesten aus der Bevölkerung und aller Bundestagsabgeordneten aus der Region versprach die Bahn, wie im alten Fahrplan einen Spätzug bereitzustellen.

Weniger kooperativ zeigte sich die Bahn in Verhandlungen mit dem Verkehrsverbund Ems-Jade, einem Zusammenschluß aller Landkreise an der Nordseeküste. „Wir wollen nicht vom nationalen Zugnetz abgehängt werden,“ stellt Dieter Bakker, Sprecher des Landkreises Leer, fest. Der Landkreis ist federführend im Verkehrsverbund Weser-Jade. „Über 40. 000 Bahnnutzer allein in Leer werden dieses Jahr ihren Zug auf unserem Bahnhof verpassen und als Kunden der Bahn möglicherweise verlorengehen“, so Bakker. Sein Protest wird von niederländischen Gemeinden unterstützt. Reisende über Nordholland sitzen derzeit in Leer fest. Betroffen sind außerdem InterregiofahrerInnen von Bremen über Münster ins Ruhrgebiet und umgekehrt sowie Ausflügler an die ostfriesische Küste. Insgesamt zehn Verbindungen zwischen acht und 20 Uhr haben sich nach dem neuen Fahrplan so verändert, daß die Fahrgäste zwischen Westfalen und Bremen nur die Rücklichter ihres Anschlußzuges sehen werden. Gegenüber der taz begründete Bundesbahnsprecher Burkhard Ahlert die Änderungen mit der Priorität der Interregioverbindungen zwischen großen Städten, vor allen Dingen mit der Abstimmung des Fahrplans mit den Interregio-Verbindungen aus Nordrhein-Westfalen. Als Ausgleich sollten die Nahverkehrsverbindungen in der Region gestärkt werden.

Schon einmal hatte die Bahn versucht, Interregio-Züge in Emden oder Norden enden zu lassen. Feriengäste zu den Inseln Norderney, Juist und Borkum hätten dann per Bahn ihr Ziel nicht mehr erreichen können. Nach Protesten aus der Region ließ die Bundesbahn ihr Vorhaben fallen. schuh

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen