piwik no script img

Besser frühzeitig feiern

■ Das Schauspielhaus präsentiert die Pläne für die neue Spielzeit

Das Schauspielhaus beginnt die neue Saison ganz im Sinne des Wahljahres: Am 18. September wird die Spielzeit 1998/99 mit einer Uraufführung von Herbert Achternbuschs Neue Freiheit/Keine Jobs/Schönes München/Stillstand eröffnet, in der es im wesentlichen darum geht, daß ein paar Menschen „Weg mit Helmut Kohl!“-Transparente durch die Gegend tragen und an ihre Mitbürger weiterreichen. Der Schauspieler Josef Bierbichler, alter Freund und Nachbar Achternbuschs im schönen Bayern, wird mit dieser Inszenierung im Malersaal sein Regiedebut geben. Ein anderer bekannter Helmut-Kohl-Transparenteträger wird das Haus am nächsten Abend füllen: Eine Woche bevor es ernst wird und es u.U. nichts mehr zu feiern gibt, gibt Christoph Schlingensief am 19. September schon mal die große Chance 2000-Wahlparty.

15 Neuinszenierungen plant das Schauspielhaus, neun davon im großen Haus. Keine Überraschungen bei den Regisseuren, nichtsdestoweniger vielversprechende Projekte: Karin Beier zeigt Shakespeares Maß für Maß, Dimiter Gottscheff King Lear, Thirza Bruncken Grabbes Don Juan und Faust, Matthias Hartmann Strindbergs Rausch, Goetz Loepelmann Emil und die Detektive. Christoph Mar-thaler macht nach zwei „echten Stücken“ wieder ein neues Projekt, Schlingensief inszeniert eine bis dato ebenso vage ABM-Oper, Franz Wittenbrink einen weiteren Liederabend und Christoph Nel wagt sich an Jelineks Sportstück.

Im Malersaal gibt es einige neue Namen: z.B. Stefan Pucher, ein junger Theatermacher, der viel am Frankfurter TAT arbeitete und den Hamburgern bisher von Kampnagel bekannt ist. Auch Thomas Ostermeier, der künftige Intendant der Berliner Schaubühne, wird in Hamburg inszenieren und zwar ein Stück des 26jährigen Marius von Mayenburg. Jossie Wieler wird er nicht als er (zu, mit Robert Walser) von Elfriede Jelinek uraufführen, Anselm Weber bringt Enda Walshs irische Disco Pigs zur deutschsprachigen Erstaufführung. Auch die Uraufführung eines Stücks von Thomas Jonigk ist geplant.

Die laufende Spielzeit war äußerst erfolgreich: Die 673 Vorstellungen waren zu 70 % ausgelastet von insgesamt 250.000 Besuchern, was 30 % mehr als im vergangenen Jahr waren. Das Einnahmeplus von einer Millionen Mark wird als Rücklage dienen, aber, so Intendant Frank Baumbauer, „im Jahr 2000 geht uns dann die Luft raus.“ Ob er seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert, habe er noch nicht entschieden. Christiane Kühl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen