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■ QuerspalteDann kam Bohlen

Ja, Berlin. Solch verschachtelten 2-Wort-Romane komponierte niemand besser als Hans Hermann Tiedje. Solange man ihn ließ. Dann entließ man ihn. Nun liegt seine erste Woche im neuen Betätigungsfeld hinter ihm. Eine Woche, die am Dienstag zwar erst begann, aber immerhin, vier Arbeitstage im Führerbunker (PDS=NSDAP/Gorbatschow=Goebbels/Honnecker=Hitler – es ist also vollkommen in Ordnung, das Kanzleramt mal anders zu nennen!). Was hat er da gemacht? Beraten. 114 Tage hat er dazu Zeit, zum Beraten. Und jeden Tag, so verriet er dem Wirtschaftsmagazin Gala, wolle er „fünf Punkte, die ich nicht verrate, abarbeiten“. Klingt nach effizientem Fronteinsatz. Vier * fünf ist ja ungefähr 20. 20 Punkte wurden also letzte Woche abgearbeitet. Wow. Die Flurbereinigung nach Hausers Amoklauf dürfte schon mal 10 Punkte gebraucht haben. Mindestens.

Dann kam Bohlen. In der ihm eigenen selbstlosen Art verkündete er, gerne eine „Hymne“ für Kohl aufnehmen zu wollen. Da Bohlen es gewohnt ist, ungefragt daherzuquatschen, nahm man dies nicht weiter zur Kenntnis. Aber der sich und seine fünf Punkte abarbeitende Tiedje, der Bohlen auch in der Feldbusch-Misere beriet, gab Bohlen nun offenbar den Auftrag jene Hymne zu schreiben. Eine Coverversion von „You can win if you want“ hat Bohlen ja noch im Keller, also keine große Sache eigentlich, das paßt ja glatt. Zwar betonte Bohlen, diesmal Gerhard Schröder wählen zu wollen, aber wenn man ihn singen lasse, sei er in jedem Fall dabei, egal wobei.

Das Schöne an Bohlen ist, daß er alle Fehler selbst macht, jeden Witz über sich selbst noch durch einen sogenannten O-Ton übertrifft. Dieser ward überliefert: „Damit mal Bewegung reinkommt in diese Bonner Kiste.“ Außerdem lobt er Schröders Affinität zur Industrie, das schließe ja aus, daß er „verrückte Sachen“ plane. Nun rappelt es in der Kiste. Und Tiedje plant, im Unterschied zu Schröder, die nächste verrückte Sache. Verrückt? Nein, Bohlen. Benjamin v.Stuckrad-Barre

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