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Asienkrise ist noch nicht ausgestanden

Die BIZ kritisiert in ihrem Jahresbericht die Konkurrenz: Großbritannien und die USA haben vom Ende der Tigerstaaten profitiert, die multinationalen Großbanken sind von der IWF-Politik begünstigt worden  ■ Von Hermannus Pfeiffer

Hamburg (taz) – Daß es auf den asiatischen Finanzmärkten immer noch heftig kriselt, zeigte am Montag erneut der japanische Yen, der sich nun gegenüber dem Dollar auf dem niedrigsten Stand seit sieben Jahren befindet. Auch der Singapur-Dollar sowie die Währungen Malaysias, Thailands und der Philippinen sackten nach unten. So konnte sich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in der Einschätzung bestätigt fühlen, die sie am gleichen Tag in Basel zusammen mit ihrem 68. Jahresbericht präsentierte: Wie stark die Unternehmen in den ehemaligen Tigerstaaten und ihre Kreditgeber tatsächlich in Mitleidenschaft gezogen wurden, bleibe abzuwarten. Ebenso ob dem Finanzcrash zusätzliche Massenarbeitslosigkeit und Hungerkrisen folgen werden.

Dabei sei die Krise nicht gänzlich hausgemacht. Ohne die zinssuchenden Billionen, die in den neunziger Jahren ziellos auf den amerikanischen und europäischen Kapitalmärkten herumgeirrt seien, wäre es nicht zu den „Überfinanzierungen in Asien“ gekommen. Zudem hätten Konjunkturunterschiede zwischen den USA, Japan und Deutschland sowie die beispiellos niedrigen Zinssätze lange unverhältnismäßig hohe Kapitalzuflüsse nach Asien schwappen lassen. Die thailändische Währungskrise habe dann im vierten Quartal 1997 eine „Flucht in die Qualität“ ausgelöst: Waren im ersten Halbjahr 1997 noch netto 62 Milliarden US-Dollar nach Asien geflossen, waren es im zweiten Halbjahr nur noch 108 Milliarden US-Dollar.

Die europäischen Oberbankiers kritisierten vor allem den Euro- Außenseiter Großbritannien und die USA, die von der Asienkrise durch verbilligte Importe, stabile Preise im Inland sowie einen steigenden Wert von Dollar und Pfund profitiert hätten. Schon Anfang März hatte die BIZ substantielle Kritik am vermeintlich US-dominierten Internationalen Währungsfonds (IWF) formuliert: „Möglicherweise haben seine geld- und finanzpolitischen Auflagen die Krise in Asien verstärkt.“ Der IWF hat die Milliardenlöcher zunächst allein gestopft, während die privaten Banken und Spekulanten ihre Verluste kaum selber tragen mußten. So zahlen die Bürger in den Industriestaaten, die den IWF finanzieren, für die Rettung der multinationalen Großbanken.

Die BIZ-Banker befürchten, daß nun eine Welle von Bank- und Unternehmenskonkursen in Südostasien stattfindet. Sie fordern mehr Transparenz für wirtschaftliche Daten in allen Nicht-Industriestaaten und staatliche Regulierungen für die Finanzbranche. Auch eine Beschränkung des Kapitalverkehrs sei nicht ausgeschlossen.

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