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Zurück in die Zukunft

Kulturpolitik auf Verdacht, nach dem Motto „Wird schon gutgehen“. Das Jüdische Museum Berlin droht an der Unfähigkeit von Senator und Verwaltung zu scheitern  ■ Von Ulrich Clewing

Daniel Libeskinds Jüdisches Museum in Berlin ist ein faszinierendes, von starker Symbolik geprägtes Stück Architektur. Reiner Güntzer, als Generaldirektor der von ihm aus der Taufe gehobenen Stiftung Stadtmuseum auch dafür zuständig, hat einmal gesagt, der Bau sei derart aufregend, daß das Gebäude, selbst wenn es leer bliebe, die Besucher in Massen anzöge. Ob das als Scherz gemeint war oder nicht: Die Probe aufs Exempel wird Güntzer bald machen können. Nach dreijähriger Bauzeit steht das Museum kurz vor der Vollendung, doch bis es eingerichtet ist, werden wohl noch der ein oder andere Frühling, Sommer, Herbst vorbeiziehen.

Der Grund wird immer deutlicher: Der Berliner Kultursenator Peter Radunski und seine Verwaltung sind mit dem Vorhaben heillos überfordert, und zwar sowohl in finanzieller als auch ganz offenbar in intellektueller Hinsicht. Keine drei Monate ist es her, da schien der Knoten endlich geplatzt. Die Erfolgsmeldung, mit der Michael W. Blumenthal, Ex- US-Diplomat und seit November 1997 neuer Direktor des Jüdischen Museums, damals an die Öffentlichkeit trat, hatte einen besonderen Klang. Der Geist der Versöhnung, die Einsicht in das Notwendige und der Wunsch, daraus das Beste zu machen, würden fortan die Arbeit am Jüdischen Museum bestimmen, so sah es aus, für kurze Zeit. Das Jüdische Museum sollte laut Vereinbarung zwischen Blumenthal und dem Kultursenator die volle kulturelle Autonomie erhalten. Es sollte sich überdies im ganzen Libeskind-Bau ausbreiten dürfen, und nicht, wie bisher geplant, lediglich einen Teil des Hauses bespielen. Mittlerweile jedoch ist die Situation festgefahren wie eh und je.

Anfang Mai legte die Kulturverwaltung dem Berliner Abgeordnetenhaus eine Senatsvorlage zur Abstimmung vor, bei deren Lektüre, so wird aus Kreisen des Jüdischen Museums kolportiert, Michael Blumenthal im fernen New York fast vom Stuhl gefallen wäre. Kein einziger der von ihm monierten Punkte war berücksichtigt, vielmehr hieß es darin unter anderem, daß „jede Maßnahme (insbesondere jedes Rechtsgeschäft) von direkter oder indirekter, aktueller oder zu erwartender finanzieller Bedeutung der Mitzeichnung des Beauftragten für den Haushalt der Stiftung Stadtmuseum“, sprich: des Generaldirektors Güntzer, bedürfe. Auch, so war dort weiter zu lesen, müsse verhindert werden, daß „etwa das Jüdische Museum unter Berufung auf seine programmatische Autonomie den finanziellen, personellen und organisatorischen Rahmen der Stiftung Stadtmuseum sprengt“.

Als Entschuldigung verlautete wenig später aus der Kulturverwaltung, man habe unter dem Druck einer „drängenden Berichtspflicht gegenüber dem Abgeordnetenhaus“ gestanden. In der Eile sei eben — böser Wille oder Unvermögen — eine veraltete Fassung in Umlauf gebracht worden. Inzwischen sind sechs Wochen vergangen, ohne daß sich an dem Papier etwas geändert hat.

Wie überhaupt beim Thema Jüdisches Museum eine verblüffend hartnäckig sich haltende geistige Unbeweglichkeit festzustellen ist. Inhaltlich wird schon lange nicht mehr diskutiert. Daß es ein Widerspruch ist, auf der einen Seite dem Jüdischen Museum die volle „kulturelle Autonomie“ zu garantieren und auf der anderen Seite mit der Forderung nach Umsetzung des integrativen Modells dann doch thematische Vorgaben zu machen, will den Verantwortlichen einfach nicht in den Kopf. Daß das Jüdische Museum in der Hauptstadt zwangsläufig überregionale Bedeutung hat und entsprechend ausgestattet werden muß, anscheinend auch nicht. Vielleicht sollte man die Frage nach Effizienz und Sparmodellen einmal andersherum stellen: Ist die Kulturverwaltung (immerhin so teuer wie eines der großen Berliner Staatstheater, sic!) eigentlich ihr Geld wert?

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