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Schweizer Rind betritt deutschen Boden

Erstmals seit Geltung der BSE-Schutzverordnung darf ein Schweizer Rind zur Zucht eingeführt werden  ■ Aus Konstanz Klaus Wittmann

Zum ersten Mal seit zwei Jahren wurde gestern wieder ein Schweizer Kalb zur Zucht nach Deutschland eingeführt. Mit einer Eilentscheidung hatte das Verwaltungsgericht Sigmaringen am 19.6. 98 zugunsten eines baden-württembergischen Bauern die BSE- Schutzverordnung des Bundes außer Kraft gesetzt. Diese verbietet den Import von Schweizer und britischen Rindern. Die Richter gingen sogar so weit, ausdrücklich zu verfügen: „Dem Antragsgegner (dem Land Baden-Württemberg, d. Red.) wird weiter aufgegeben, vorläufig Maßnahmen zur Verhinderung dieser Einfuhr zu unterlassen.“ (Az. 4K 1048/98)

Von einer „deftigen Watschen für das Bundeslandwirtschaftsministerium und die Länderministerien“ spricht Andreas Blank, Unterallgäuer Züchter von Schweizer Rindern. Er hat für seinen baden- württembergischen Kollegen, der das Urteil erstritten hat, den Transport übernommen. „Der deutsche Amtstierarzt an der Grenze hat noch einige Male das Kalb mit einem Besenstiel gestupst, um zu sehen, ob es nervös reagiert“, schildert Blank den Grenzübertritt des Rinds, der ohne Zwischenfälle verlief. Das BSE-Problem sei durch Importverbote nicht in den Griff zu bekommen, betont der Landwirt. Vielmehr müsse die Bundesregierung endlich der Entfernung der besonders infektiösen Organe wie Gehirn, Augen und Rückenmark zustimmen. Solange diese Vorsichtsmaßnahme von Staats wegen boykottiert werde, sei die ganze Bonner BSE-Politik unglaubwürdig.

Von dem importierten Stierkalb gehe definitiv keine Gefahr aus, beteuert Blank. „Es handelt sich hier um ein original Schweizer Braunvieh. Und von dieser Rasse ist weltweit noch kein einziges Tier an BSE erkrankt.“ Schließlich seien diese Tiere nicht mit Tiermehl gefüttert worden. Zufrieden mit der Einfuhr des ersten Schweizer Kalbes seit 1996 zeigte sich auch die Expertin im Schweizer Veterinäramt Bern, Dagmar Heim. Sie weist darauf hin, daß auch andere europäische Länder BSE-Fälle hätten und trotzdem Rinder von dort ungehindert nach Deutschland eingeführt werden dürften. Die Schweiz sei für ihre konsequente Offenlegung aller BSE-Fälle durch das deutsche Importverbot quasi bestraft worden.

Das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium könne gegen diese Einfuhr im Moment nichts unternehmen, erklärte dessen Sprecher Michael Reiss. „Aber wir werden Rechtsmittel einlegen.“ Gefordert sei jetzt eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin, sobald der Verwaltungsgerichtshof Mannheim den Weg dorthin freimache.

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