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Darf Gregor Gysi Anwalt bleiben?

■ Berlins Justizsenator prüft Entzug der Zulassung – unabhängig vom jetzt anhängigen Fall

Karlsruhe (taz) – Seit mehr als vier Jahren prüft die Berliner Justizverwaltung, ob Gregor Gysi die Anwaltszulassung entzogen werden soll. Auch hier geht es um Gysis Vergangenheit als DDR-Anwalt. Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht den Stasi-Vorwurf gegen Gregor Gysi bestehen ließe, wäre keine Vorentscheidung gefallen. „Wir prüfen parallel, aber unabhängig“, heißt es bei Justizsenator Erhart Körting (SPD).

Bisher verloren in Berlin erst sechs von 727 ehemaligen DDR- Juristen ihre Zulassung als Rechtsanwalt. Die bloße Stasi-Zuarbeit reicht hierfür nicht aus, es müssen auch „Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit“ verletzt worden sein. Konkret heißt das: Nur ein Anwalt, der seine Mandanten der Stasi gezielt ans Messer lieferte, muß um seine Zulassung bangen. Derartiges hat auch der Bundestag bisher explizit noch nicht behauptet. Gysi selbst sieht dem Verfahren „mit Ruhe“ entgegen. Der PDS-Politiker arbeitet zur Zeit zwar nur „gelegentlich“ als Anwalt, legt aber „großen Wert“ auf seine Zulassung.

Offen ist noch, ob Körting mit seiner Entscheidung auf das Urteil aus Karlsruhe warten wird. Weil das zugrundeliegende Sondergesetz zum 31. Juli ausläuft, ist dies auch die letzte Möglichkeit, einem Juristen aus der Ex-DDR die Zulassung wegen damaliger Vorkommnisse zu entziehen. Das Verfahren wurde vor vier Jahren „von Amts wegen eingeleitet“, nachdem DDR-Bürgerrechtler gegen Gysi mobil machten. Jüngere „Anträge“ – wie der des nationalkonservativen Markus Roscher –, Gysi die Zulassung zu entziehen, haben nur das „Verdienst“, daß die Presse auf dieses schwebende Verfahren wieder aufmerksam wurde. Christian Rath

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