Zoff fürs Volk

■ Bürgerschaft: GAL unterbricht Debatte um Volksentscheid aus Wut über die SPD

Mit einer dramatischen Geste unterbrach gestern die GAL-Fraktion nach zweistündiger Debatte um „Mehr Demokratie“ die Parlamentssitzung. Im Hinterzimmer durfte SPD-Fraktionschef Holger Christier sich einen Anpfiff abholen. „In drei Redebeiträgen von SPD-Abgeordneten wurde so getan, als ob der Antrag der Sechser-Bande ein SPD-Antrag wäre“, so GAL-Fraktionschefin Antje Möller zur taz. „Das können wir nicht durchgehen lassen.“

Im Konflikt um den Volksentscheid zum Volksentscheid, in den Rote und Grüne sich verrannt haben, sollte zwar eine Debatte geführt, das Thema aber anschließend in den Verfassungsausschuß überwiesen werden. Dennoch redete SPD-Wortführer Jan Ehlers davon, daß drei Viertel des Parlaments seinen Vorschlag zur Volksgesetzgebung befürworten und dieser „nur von der GAL ausgebremst wird“.

Im Kern sind SPD und CDU für die Beibehaltung der Hürden beim Volksentscheid, während die GAL die Initiative „Mehr Demokratie“ unterstützt. Die Debatte vor dem Eklat zwischen den Koalitionspartnern wurde allerdings so abstrakt und fachlich geführt, daß es für normale BürgerInnen kaum noch nachvollziehbar war. Gleichzeitig klagten die Parlamentarier aber über mangelndes Interesse in der Öffentlichkeit.

Immerhin war SPD-Fraktionsvize Walter Zuckerer auch zur Selbstkritik bereit. „Man muß einräumen, daß sich dieses Parlament nicht in angemessener Form mit dem Thema auseinandergesetzt hat.“ 220.000 Stimmen kamen im März beim Volksbegehren für „Mehr Demokratie“ zusammen. Die SPD wolle mit ihrem Alternativ-Vorschlag zum Gesetzesentwurf der Ini keineswegs die Stimmen spalten. „Bisher habe ich nur von Einheitsparteien das Argument gehört, daß es besser für die Mehrheit ist, wenn es nur eine Alternative gibt.“

SPD-Chef Christier hob hervor, daß Volksentscheide ohne Hürden sich gegen Minderheiten richten können. GALier Martin Schmidt hält das für abwegig: „Es gibt kein Indiz dafür, daß die Fremdenfeindlichkeit beim Volke stärker ist als bei seinen gewählten Organen.“

Silke Mertins