: Obervieland „4 Joseph“
■ Schulzentrum Obervieland will Joseph Ayika, den „guten Geist“ aus Togo, an der Schule halten / Lehrer und Schüler sammeln Geld für sein Lohnkonto
„Das sind alles meine Kinder“, sagt Joseph Ayika. „Hey, Joseph“, begrüßen die Schüler im Schulzentrum den Schwarzen. „Joseph ist immer da, wenn man ihn braucht“, sagt Isabell, eine Schülerin der 9. Klasse im Gymnasium Obervieland.
Aber eigentlich ist der überaus fleißige und engagierte Asylbewerber etwas, das in der Ordnung der Schule keinen Platz hat: Als BSHG-Kraft ist er vom „Verein zur Förderung der Ganztagsbetreuung e.V.“ angestellt, weil der eine Hausmeister für das große Schulzentrum nicht ausreicht. Und so repariert Joseph, was kurzfristig zu reparieren ist. Inzwischen gibt es wieder Klodeckel, heben die Mädchen lobend hervor. Joseph streicht Wände freundlich frisch, er geht aber auch schon mal mit in den Unterricht, um zum Thema Asyl oder zum Thema Togo als lebendiges Beispiel auf alle Fragen der SchülerInnen zu antworten. Und was sagt er zur Frage „Togo als deutsche Kolonie“? „Nein, darüber nichts“, lächelt der Mann etwas verlegen. Das Thema ist für ihn tabu, aus Höflichkeit.
Die SchülerInnen am Schulzentrum interessieren sich im Grunde auch nicht allzusehr für Togo. Sie interessieren sich dafür, daß „Joseph“ als der „gute Geist der Schule“ bleiben kann. BSHG-19-Stellen haben nämlich die unangenehme Eigenschaft, nach einem Jahr auszulaufen. Die BSHG-Stelle kann um ein zweites Jahr verlängert werden, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die Kraft danach unbefristet einzustellen. Also sammelt der Förderverein Geld, um diese Zusage machen zu können. 35 Lehrer haben sich verpflichtet, für zwei Jahre insgesamt 800 Mark Monat für Monat für Joseph Ayika zu spenden. Die Schüler haben die ganze Penne mit Plakaten gepflastert: „BREAK 4 JOSEPH“ steht darauf, am 10. Juli sind „Magic Power Attack“ und „J.B.D.“ angesagt, der Erlös aus der Veranstaltung „kommt in den Topf für Joseph“. Da weiß offenbar jeder an der Schule, was gemeint ist. Zu der Fete erwartet der Lehrer Thomas Bendlin, der die Solidarität für den Togoer initiiert hat, vor allem die türkischen Schüler – die stehen nicht nur auf Break Dance, die haben auch ein besonders gutes Verhältnis zu Ayika.
Am 7. Juli soll die ganze Schule auf den Beinen sein für Joseph, „Run for Joseph“ heißt die Aktion. „Jeder hat sich einen Sponsor gesucht“, sagt die Schülerin Sarah. Bei ihr sind es die Eltern.
Seit fünf Jahren lebt Joseph Ayika in Deutschland, sein Antrag auf Asyl wurde abgelehnt, aber er bekam eine „Duldung“. Seit dieser Zeit hat er seine Familie nicht mehr gesehen, sein jüngstes Kind hat er überhaupt noch nie gesehen. Als seine Frau schwanger war, erzählt er zum Hintergrund seiner Flucht, sei sie verhaftet und – seinetwegen – drei Monate im Gefängnis gehalten worden. Es gebe eben „keine Demokratie“ in Togo.
Seine Familie nach Deutschland zu holen, das aber läßt das deutsche Recht nicht zu. K.W.
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