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CDU, Raum und Volk

SPD und GAL empört: CDU-Bundestagskandidat Staby habe von „nicht zuviel Raum für unser Volk“ geredet. Staby fühlt sich mißverstanden  ■ Von Silke Mertins

„So eine Äußerung ist peinlich, unvertretbar und darf nicht passieren“, empört sich der SPD-Bundestagsdirektkandidat Olaf Scholz über seinen Mitbewerber für den Wahlkreis Altona, den CDU-Mann Ludger Staby. Scholz und der GAL-Kandidat Kurt Edler fordern Staby auf, seine Äußerungen über Deutschland als Einwanderungsland zurückzunehmen.

„Wir haben nicht zuviel Raum für unser Volk“, soll Staby laut Edler und Scholz auf einer Wahlkampfveranstaltung im Haus Rissen am vergangenen Mittwoch gesagt haben. Dort hatte man zum „Kandidatentest“ geladen und vor allem die Themen Asyl, Kriminalität und AusländerInnen diskutiert. „Ich schiebe diesen Formulierungsmißgriff zwar darauf, daß Staby ein Politik-Neuling ist, aber so eine Bemerkung verbietet sich in Deutschland aufgrund unserer Geschichte“, so Scholz.

Staby ist erst vor kurzem Mitglied der CDU geworden und will als Quereinsteiger und erfolgreicher Geschäftsmann – Vorstandsvorsitzender des Hamburger Zigaretten-Konzerns Reemtsma – den schwierigen Wahlkreis Altona erkämpfen. Mit seinem Foto und Wahlkampfslogans wie „Staby kann das“ ist ganz Altona plakatiert. In diesem Wahlkreis, wo Arm und Reich aufeinanderprallen, ging es für die Direktkandidaten immer sehr knapp aus.

Der Grüne Edler war nicht nur über Stabys Formulierung, sondern auch über die Zustimmung von seiten des Publikums schockiert. Für seine Äußerungen habe Staby „frenetischen Beifall“ erhalten. „Was ich da erlebt habe, war die ungebremste ausländerfeindliche Aggressivität“, sagt Edler, der bis zu den Bürgerschaftswahlen im vergangenen September Mitglied der GAL-Fraktion war. So eine Stimmung habe er in einem Stadtteil wie Rissen und von dem anwesenden „adrett gekleideten, harmlos aussehenden Bürgertum“ nicht erwartet.

Staby fühlt sich indes von Scholz und Edler mißverstanden und in die rechte Ecke gedrängt. „Ich habe gesagt, Deutschland ist kein Einwanderungsland“, so der 63jährige. „Wir sind kein Volk ohne Raum oder umgekehrt, wir sind eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt“, erklärte Staby gestern. „Das heißt nicht, daß wir Bedarf hätten, unseren Raum auszudehnen, aber wir haben auch keinen Mangel an Menschen wie die klassischen Einwanderungsländer Australien, Kanada oder USA.“ Deutschland sei im Verhältnis von Bevölkerung und Größe „genau richtig“. Asylsuchende müßten aufgenommen werden, das sei klar. Auch EU-BürgerInnen dürften sich überall ansiedeln. Doch für Einwanderung bestünde in einem Staat wie Deutschland kein Bedarf.

Daß er das so und nicht anders gesagt habe, „dafür habe ich hunderte von Zeugen“.

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