: Die alljährlichen Nachwehen der Technoliebe
Die Love Parade ist vorbei, die Raver sind verschwunden – Grund genug, Bilanz zu ziehen. Nach ersten Einschätzungen fabrizierten die leichtbekleideten Musikliebhaber rund 200 Tonnen Müll in diesem Jahr, rund 65 Tonnen weniger als im vergangenen Jahr. Trotzdem mußten 680 Saubermänner und 250 Fahrzeuge der BSR anrücken. Wie auch in den letzten Jahren gab es am Wochenende wieder Streit um die Kosten der Müllbeseitigung. Der Baustadtrat von Tiergarten, Horst Porath (SPD), verlangt eine Beteiligung des Senats. Nur der BUND steht ihm zur Seite, der das Fehlen eines Müllkonzepts für die Love Parade kritisiert.
Ganz unproblematisch verlief auch die Unterbringung einiger Raver nicht, die doch im Schloß Bellevue bei Bundespräsident Roman Herzog übernachten wollten. Der Schutz des Amtssitzes konnte jedoch „unter Einsatz von Verstärkungskräften jederzeit gewährleistet werden“, versicherte der Bundesgrenzschutz. Größeren Ärger hatten da die Polizisten, die insgesamt 67 Festnahmen vornahmen – die meisten wegen Drogenhandels. Im vergangenen Jahr waren es 104 festgenommene Raver.
Doch Ärger hatte es auch schon im Vorfeld der Love Parade gegeben: Bei der Anfahrt ist es durch Technofans von außerhalb in eingesetzten Sonderzügen zu Sachbeschädigungen gekommen. Fenster, Türen und Sitze wurden als Ausdruck der Vorfreude beschädigt. Weil offenbar übermüdete Raver in einem Sonderzug aus Hannover fünfmal die Notbremse gezogen hatten, schnitten sie sich ins eigene Fleisch und kamen mit einer Stunde Verspätung in Berlin an.
Und dann gab es noch Flaschenwürfe von Ravern auf einem Fahrgastschiff an der Mühlendammbrücke. Die Polizei stoppte das Boot, überprüfte die 173 Personen an Bord und nahm 7 von ihnen fest. Weitere 59 von ihnen erhielten sogenannte „Platzverweise“. Über verletzte Teilnehmer der Love Parade aufgrund der Flaschenwürfe machte die Polizie gestern keine Angaben. Bei einem Sturz vom Lastwagen auf eine Anhängergabel aufgrund eines Bremsmanövers erlitt ein Techno-Teilnehmer schwere Gesichtsverletzungen.
Viel zu tun hatten auch die über 500 Mitarbeiter des Malteser-Hilfsdienstes mit 2.530 ambulanten Behandlungen. Zahlreiche Brüche und Bänderzerrungenen waren zu verzeichnen.taz, dpa
Fotos: Rolf Schulten (oben),
Theo Heimann
Siehe Tagesthema Seite 3
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