: Bahn soll Lufthansaflüge ersetzen
■ Die beiden Unternehmen wollen den innerdeutschen Flugverkehr schrittweise auf die Schiene verlegen, um so am Großflughafen Frankfurt neue Kapazitäten für Fernflüge freizuschaufeln
Frankfurt/Main (taz) – Die Deutsche Bahn AG und die Lufthansa wollen nach einigen in den letzten Jahren gescheiterten Kooperationsabkommen wieder einmal versuchen, künftig enger zusammenzuarbeiten. „Auf mehreren innerdeutschen Verbindungen werden nach Inbetriebnahme der Hochgeschwindigkeitsstrecke Köln–Rhein-Main Züge der Deutschen Bahn Inlandflüge der Lufthansa ersetzen“, heißt es in einer gestern verbreiteten gemeinsamen Erklärung der beiden Firmen.
Ab 2001 würden demnach die Flugverbindungen von Stuttgart, Nürnberg, Bonn, Köln oder Düsseldorf nach Frankfurt eingestellt werden. Die Kooperation gründet sich auf die Beobachtung der Lufthansa, daß ein Großteil der Fluggäste die innerdeutschen Kurzstrecken nur als Zubringer zum internationalen Flugkreuz Frankfurt nutze. Die Fluggesellschaft erhofft sich von der Streichung dieser Kurzstreckenflüge größere Kapazitäten für den Fernverkehr: Neue Ziele in Europa und Übersee sollen dann von Frankfurt aus angeflogen werden. Weiterfliegen will die Lufthansa indes auf den anderen innerdeutschen Strecken, wie nach Berlin – trotz der Aussicht auf künftig kürzere Bahnfahrtzeiten.
Die optimistische Ankündigung von Bahn-Chef Johannes Ludewig, man sei sich einig darüber, „daß die Bahn den innerdeutschen Flugverkehr künfig weitgehend ersetzt“, wird von Beobachtern nicht ganz ernstgenommen. Beim Konkurrenten Deutsche BA begrüßt man die geplante Einstellung der Kurzstreckenflüge, glaubt jedoch nicht, daß die anderen innerdeutschen Strecken ebenfalls von der Lufthansa aufgegeben werden.
Dem BUND-Verkehrsexperten Peter Westenberger ist die Äußerung Ludewigs nichts als ein „Pfeifen im Walde“, der Versuch, „gute Nachrichten vor der Wahl zu produzieren“. Zwar sei es ein grundsätzlich richtiger Gedanke, die Anfahrt zu den Flughäfen mehr mit Bus und Bahn abzuwickeln. Zu neunzig Prozent erfolge diese aber ohnehin per Auto – und die Hälfte des Verkehrs werde von den Flughafenbeschäftigten verursacht. Bisherige Kooperationen zwischen Bahn und Lufthansa, etwa der „Airport-Express“, seien von den Kunden nicht angenommen, daher unrentabel und schließlich eingestellt worden. Das Hauptproblem – der durchgehende, begleitende Gepäcktransport – sei nach wie vor ungelöst.
Das Modellvorhaben, das Gepäck bereits am Vorabend des Abflugs zu zentralen Bahnhöfen zum Einchecken zu bringen, argwöhnt Westenberger, sei wegen der Extrawege unökologisch und wegen mangelnder Kundenfreundlichkeit unzureichend. „Das ist vermutlich wie die Modelle der vergangenen Jahre zum Scheitern verurteilt.“
Insgesamt lehnt der BUND daher das Vorhaben ab: Ohne eine Begrenzung des Wachstums von Flughäfen stelle die Verlagerung der Verkehre nur „eine volkswirtschaftlich unsinnige Optimierung der Flughafenkapazitäten“ und damit „eine umweltfeindliche Subventionierung“ dar.
Ein Pilotprojekt der Bahn/Lufthansa-Kooperation läuft seit Mitte Juni zwischen Saarbrücken und dem Rhein-Main-Flughafen. Unklar seien laut Presseerklärung bislang auch die finanziellen Auswirkungen auf die Regionalflughäfen, denen rund 1,5 Millionen Passagiere pro Jahr fehlten. kuz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen