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Zu Hause auf dem Tep und Tap

■ Die Ex-Bremer „Comic Dance Company“ gastiert mit drei Tanzstücken im Jungen Theater / Auf ein Spiel mit den Frauenrollen folgt ein Tanz in den totalen Stillstand

Das Junge Theater meldet: „Mit der Comic Dance Company, Carmen Ott-Neuhaus, Judica Albrecht und Deborah S., kehrt eine der vielen Freien Tanz- und Theatergruppen für einige Tage ans Junge Theater Bremen zurück, die Bremen mittlerweile verlassen haben, weil für Freie Theater die Bedingungen in Bremen immer schlechter geworden sind. Wir freuen uns, diesen Künstlern zumindest zeitweise ein Bremer Zuhause zu sein.“

Zeitweise – das ist ein am Dienstag abend begonnenes und heute zu Ende gehendes Gastspiel der in Berlin arbeitenden – na ja, wenn man denn so will – Tanz-Company. Und das Zuhause sieht aus wie von „tep & tap“. Rollenweise Plastik-Stabparkett liegt auf dem Boden, und ein Tapetenmuster ist über ein rechteckiges Gestell drapiert. Auftreten, nein aufschleichen, nein aufzeitlupen Deborah S. und Carmen Ott-Neuhaus. Die eine dick, die andere dünn, beide kleingemustert kostümiert und kompliziert frisiert, nehmen diese Schwestern auf zwei Stühlen Platz. Dazu schwillt laut ein Filmsoundtrack (von „Angel Heart“) aus den Boxen, und die beiden setzen an zu einem Frauenrollenspiel.

„Have a seat“ heißt dieses Stück „Getanztes Theater, das“ laut Programmzettel „noch Assoziationsmöglichkeiten offenläßt“. Darin kokettieren und flirten die beiden mal miteinander, mal mit dem Publikum. Mal sehen sie im Gegenlicht aus wie zwei Fernseherinnen und mal scheinen sie in Gestus und Mimik die Frauentypen oder -stereotypen durchzudeklinieren, die Hollywood in den Sparten Detektiv-, Gangster- und Film noir in die Köpfe der KinogängerInnen gezimmert hat. Der wuchtige Soundtrack und die überwiegend langsamen Bewegungen klaffen vortrefflich auseinander, weshalb diese Choreographie – oder sagen wir eher – choreographische Etüde aufgeht.

Auf dieses mittlere Filmstück folgen ein intermezzokurzes Absurdstück namens „Secret Love“ und ein längeres Lehrstück darüber, daß die Suche nach der Uh-ah-Avantgarde nicht immer grundsätzlich Neues zu Tage bringt. Die früher im Ensemble des Jungen Theaters tätige und dabei immer positiv auffallende Judica Albrecht klärt im Intermezzo (nach einer Idee von Deborah S.) sprechtanzend darüber auf, daß die Leidenschaft eines Tänzers sich vor allem in den Worten „Fleiß, Stetigkeit und Selbstzucht“ buchstabiert. Wieder klaffen die Elemente – hier Text und Bewegung – vortrefflich auseinander.

Im Stück „Break a Leg“ von Car-men Ott-Neuhaus, die vor ihrer Übersiedlung nach Berlin hinter den Kulissen des Jungen Theaters häufig für Tänzerisches verantwortlich war, ist das anders. Zunächst kommen zu einem schnellen Walzer alle drei Darstellerinnen auf die Bühne und präsentieren einen Reigen abwechselnd synchroner und solistischer Bewegungen. Viel- und nichtssagend zugleich ist die Begegnung das Hauptthema. Zu gequält schrägen Kompositionen von Peter Apel führt das Trio eine Folge beliebiger Bilder vor, die eine Flamenco-Ironisierung streifen und sich dann immer mehr verlangsamen. Entgegen der Ankündigung auf dem Spielplan will die später im gut besuchten Theater mit viel Beifall belohnte „Comic Dance Company“ mit Komik bzw. Witz und Charme hier gar nichts zu tun haben. Irgendwann wälzen sich die drei auf dem Boden – bis zum Stillstand. Sie sind „zu Hause“. Und ich wünschte jetzt, ich wär's auch. Christoph Köster

Die „Comic Dance Copany“ zeigt ihr Programm nur noch heute, 23. Juli, um 20 Uhr im Jungen Theater. Das Ensemble und Radio Bremen laden am Freitag ab 18 Uhr zum Sommerfest alias zum „Großen Musikabend“, der ab 19.30 Uhr live auf Radio Bremen 2 übertragen wird.

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