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■ Der Einfluß der EU im Nahen Osten könnte größer seinDer Ratspräsident laboriert rückgratlos

Als Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den österreichischen Bundeskanzler bei dessen Besuch in diesem Frühjahr aus den Augen verlor, rief er laut in den Saal: „Viktor!“ Einen Moment lang herrschte peinliches Schweigen. Doch dann reichten „Viktor“ und „Bibi“ sich strahlend die Hände. Die perfekte Freundschaft. Und das wohl nicht zuletzt deshalb, weil der österreichische Bundeskanzler öffentlich kein Wort der Kritik an Israels Verhandlungs- und Siedlungspolitik übte. Nur zwei Wochen zuvor hatte der britische Außenminister Cook die Israelis mit einem Besuch der umstrittenen Siedlung Har Homa bis zur Weißglut gereizt. Mit Provokationen, so die israelische Reaktion, könne Europa keinen Beitrag zum Frieden im Nahen Osten leisten.

„Viktor“ Klima ist jetzt EU-Ratspräsident, und in dieser Eigenschaft empfing er gestern den Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat. Es ging nicht um europäische Finanz- und Aufbauhilfen an die Autonomiebehörde. Die sind längst zugesagt bzw. verlängert worden. Es geht um Europas politische Rolle im Nahen Osten. Immer wieder hat Arafat ein stärkeres Engagement der EU gefordert, um den stagnierenden Verhandlungsprozeß wieder in Bewegung zu setzen. Die Briten haben diese Aufgabe in der vorangegangenen Ratspräsidentschaft ernst genommen und prompt Schiffbruch erlitten.

„Viktor“ dürfte sich gar nicht erst an dem versuchen, woran Blair gescheitert ist. Ein so gutes Verhältnis zu Israel wie derzeit hatte Österreich noch nie. Und gleichzeitig gibt es aus der Kreisky-Ära noch genügend ranghohe österreichische Politiker, die den palästinensischen Wünschen Wohlwollen und Verständnis entgegenbringen. Österreichs Politikerklasse als Abbild der europäischen Nahostpolitik. Ein bißchen „hü!“, ein bißchen „hott!“.

Europa soll die Verhandlungsbemühungen der USA unterstützen und ergänzen, vor allem finanziell, so die aktuelle Definition europäischer Nahostpolitik. Aber wo sich nichts bewegt, gibt es schlicht auch nichts zu ergänzen oder zu unterstützen. Also Vogel- Strauß-Politik, Kopf in den Sand. Europas politisches Einwirken in Nahost könnte wesentlich größer sein, als es heute ist. Wer wirtschaftliche Macht besitzt, kann auch politischen Einfluß ausüben. Bisher ist dies meist an der uneinheitlichen Haltung der EU-Mitglieder gescheitert. Um die nahöstlichen Nachbarn vom selbstgewählten Irrweg abzubringen, reichen warme Worte nicht aus. Nur, mehr wird Arafat in Wien nicht zu hören kriegen, „göh, Viktor“? Georg Baltissen

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