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Verwirrende Preise Von Reinhard Krause

Hilfe, ich werde alt! Woran ich das merke? Ich verstehe die Sprache der Werbetexter nicht mehr bzw.: Ich verstehe nicht mehr, was sie mir sagen wollen. Oder wollen sie mir schon gar nichts mehr sagen?

Es fing damit an, daß ich vor ein paar Wochen mit dem Bus Tag für Tag an einem sehr häßlichen Werbeplakat vorbeifuhr. Zunächst habe ich es gar nicht weiter beachtet. Werbung mit unscharfen Fotos und viel Text? Vergiß es. Als der Bus dann aber geradezu ostentativ neben dem Plakat herumtrödelte, wurde mir so langweilig, daß ich schließlich doch hinschaute. Das Foto war also unscharf und zeigte eine Gruppe fröhlich winkender Menschen hinter einem Tresen. Darüber in großen Lettern die suggestive Frage: „Abgefüllt in New Orleans?“ Unter dem Bild die Erklärung: „Eine Woche als Barkeeper mitmischen. Discover Real America. Call and win. Big Americans. That's it. Dr. Oetker Pizza American Style.“

Ich sollte vielleicht dazu sagen, daß ich manchmal ein bißchen begriffsstutzig bin – das mag eine Art Selbstschutz sein. Hier jedenfalls schaltete mein Verstand instinktiv auf Durchzug. Der Bus fuhr schon längst wieder, da fiel der Groschen doch noch: Die „Belohnung“ für einen Anruf bei Dr. Oetker – so zumindest reimte ich mir alles zusammen – sollte also darin bestehen, daß man eine Woche lang hinter einem Tresen herumsteht und wildfremde Menschen mit geistigen Getränken versorgt. In New Orleans. Arbeit als Gewinn? Ist so etwas erstrebenswert? Ich meine, was hat man von New Orleans, wenn man die ganze Zeit Whiskey – oder heißt es doch Whisky – ausschenken muß?

Nein, nein, nein, hier hatten die Werbestrategen einen kapitalen Bock geschossen. In Wirklichkeit sollte es gar nicht um deutsch-amerikanische Pizza (so ein Quatsch!) gehen, sondern um McDonald's, die Erfinder von McJob. Nur so paßte eins wieder zum anderen. Das hier war die späte Rache für das ewige Geschwätz über die Generation X. Kreativität geht über Karriere? Pah, lobe den Herrn, solange du deinen miesen Aushilfsjob noch hast. Discover real America. That's it. Und tatsächlich: Ein paar Tage später entdeckte ich auch noch ein Oetker-Plakat mit einem Jobangebot als Fahrradkurier. In San Francisco wohlgemerkt, dem amerikanischen Wuppertal. Fahrrad fahren in Wuppertal? Nie gehört, daß das geht. Vergebens suchte ich in den folgenden Tagen nach den Plakatmotiven „Unter die Räder am Grand Central? Eine Woche als Kofferkuli“, und „Schwarz vor Augen in San José? Eine Woche als Fotolaborant im Dunkeln tappen.“

Ich hatte mich gerade wieder gefangen, da kam die nächste Attacke. Diesmal per Post. Auf einem Din-A4-Zettel wurde mir mitgeteilt, daß ich an einer Verlosung der Musikgruppe Fischmob teilnehmen dürfe. Gott, warum nicht? Wenn die Preise okay sind... Von wegen! „Die Gewinne“, mußte ich lesen, „sind extrem angegeilt.“ Bitte wie? Doch wohl nicht eine Woche Straßenstrich in der Bronx? Nicht ganz, der erste Preis war „Mit Fischmob in den Hansa- Park!“ Wie öde. Aber der zweite Preis, der hat es in sich: „Fischmob reden mit Deinen Eltern über Dich und Deine Zukunft!“ Das muß ich haben. Jetzt fehlt mir nur noch die Antwort auf die Preisfrage: „Wie lange kann Bobby, der Meisterrülpser, rülpsen?“ Hilfe!

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