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Junta beendet Suu Kyis Protest

Birmesische Friedensnobelpreisträgerin von Militärs in die Hauptstadt Rangun zurückgebracht  ■ Von Jutta Lietsch

Phnom Penh (taz) – Eine versteckte Kamera filmte die Szene: Sechs Tage lang rührte sich das Auto der birmesischen Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi an einer Straßensperre auf einer Landstraße, 65 Kilometer außerhalb Ranguns, nicht vom Fleck. Am späten Mittwochabend, als die Bilder bereits über CNN und BBC um die Welt gegangen waren, platzte den Generälen der Militärjunta der Kragen: Ein Soldat drang in den Wagen ein, setzte sich hinter das Steuer und fuhr zurück in die Hauptstadt. Zwei Soldatinnen hielten die Friedensnobelpreisträgerin dabei auf dem Rücksitz fest.

Zum dritten Mal innerhalb von wenigen Wochen hatte Suu Kyi damit die internationale Aufmerksamkeit auf die Situation in Birma gelenkt – mit Zivilcourage und Sturheit. Dreimal entwischte sie kurze Zeit ihren militärischen Bewachern und versuchte, Mitglieder ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD) außerhalb der Hauptstadt zu treffen. Ihre Aktion führte dazu, daß Birma Anfang der Woche zum beherrschenden Thema der Asiatischen Regionalkonferenz in Manila wurde, wo sich Regierungsvertreter aus der asiatisch-pazifischen Region eigentlich über die sicherheitspolitischen Folgen der Wirtschaftskrise unterhalten wollten. Birmas Außenminister Ohn Gyaw mußte sich scharfe Kritik anhören.

US-Außenministerin Madeleine Albright erklärte, die Junta in Rangun sei für die Gesundheit und Sicherheit der Oppositionspolitikerin verantwortlich. Suu Kyis Bewegungsfreiheit einzuschränken sei eine „Verletzung ihrer Menschenrechte“. Dies werde „weiterhin zur Isolierung Birmas“ in der Welt beitragen, drohte Albright gestern bei einem Besuch im australischen Sydney.

Suu Kyi bezeichnete den gewaltsamen Rücktransport in die Hauptstadt als „Entführung“ und „kriminellen Überfall“. Sie fühle sich nach der Aktion schwach, habe aber angekündigt, sie werde auch künftig immer wieder auf ihrem Recht bestehen, in andere Teile des Landes zu reisen, erklärten Vertreter der NLD gestern in Bangkok. Seit Suu Kyis Entlassung aus sechsjährigem Hausarrest im Sommer 1995 hatte die Junta jeden Versuch der Politikerin unterbunden, Rangun zu verlassen. In den letzten Monaten hat die Junta den Druck verschärft. Suu Kyis Telefon wird immer wieder unterbrochen, Journalisten dürfen ihr Haus in der Universitätsstraße am Inya- See nicht mehr besuchen.

Schlimmer noch geht es weniger prominenten NLD-Mitgliedern. Dutzende wurden in den letzten Wochen verhaftet. Birmas Junta ist besorgt, daß die Opposition in den nächsten Wochen Proteste planen könnte. Am 8. August jährt sich zum zehnten Mal der Aufstand von 1988, als Hunderttausende in Birma gegen die Militärherrschaft auf die Straße gingen. Die Proteste wurden brutal niedergeschlagen. Die NLD hat die Regierung aufgefordert, bis zum 21.August das 1989 gewählte Parlament einzuberufen. Damals bekam die Opposition über 80 Prozent der Stimmen. Die Junta hat das Resultat nie anerkannt. Mehrere der Gewählten starben seitdem, sind im Gefängnis oder Exil. Immer wieder wurden seitdem die Hochschulen geschlossen, weil die Junta Demonstrationen fürchtete. In wenigen Wochen sollen die Universitäten erstmals seit 18 Monaten wieder geöffnet werden.

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