: Einstieg in den Kontinent über die Insel
■ Die Dominikanische Republik ist der ideale Ausgangspunkt für zukünftige Lateinamerikaspezialisten. Über der Vorreiterrolle in Sachen Pauschaltourismus sollte nicht die inseleigenen Losung "Wir sind
Wie überall, wo Geschäfte gemacht werden, gibt es auch im Tourismus Konjunkturphasen. Wie Internetprovider oder Instant-Suppen müssen auch Ferienregionen zusehen, wie sie sich am Markt behaupten, müssen Imagepflege betreiben, als Produkt „in“ sein. Tourismus hat durchaus etwas von geographischer Prostitution. Da schmeißen sich Nationen in Schale, bieten Einblicke in Intimes, locken mit verführerischem Geraune und offerieren auch gerne mal Rabatte.
Manchmal freilich brocken sich die Ferienländer mit einer allzu ordinären Werbestrategie Kundschaft ein, die sie nicht so recht glücklich macht und deren Verkehrsformen weder für Land und Leute noch für die lokale Wirtschaft segensreich sind. (Im übrigen soll es ja in dem Geschäft auch Zuhälterei geben.) Dieses Phänomen, nennen wir es einfach mal das Ballermann-Syndrom, sucht – in gewissen Zyklen – verschiedene Gebiete unserer schönen bunten Welt heim. Eine Zeit lang machen ein paar Leute einen großen Reibach, es wird investiert und gescheffelt, gebaut und verschandelt, und irgendwann entdecken kluge Leute, daß die Sache aus dem Ruder gelaufen ist. Manche „Traumziele“ oder „Ferienparadiese“ verordnen sich dann ein werbetechnisches Facelifting, und die Reisezeitschriften haben wieder was zu entdecken.
Auf den großen Inseln der Karibik wie Jamaica und in der Dominikanischen Republik hat man seit einigen Jahren die Losung „Wir sind mehr als ein Strand“ ausgegeben. Bei einer intensiven Prüfung haben wir uns von der Richtigkeit dieser Aussage überzeugt. Und weil gerade die „Dom Rep“ – wie sie leider Gottes derzeit gerufen wird – seit den achtziger Jahren immer mehr zum deutschen Inbegriff des „Zaubers der Karibik“ geworden ist, wollen wir hier pflichtschuldigst unser Scherflein zum Facelifting beitragen.
Als Werbestrategie würden wir vorschlagen, verstärkt auf den frühen Abenteuertouren-Organisator Christoph Kolumbus zu rekurrieren. Von ihm stammt der feine, auf die Insel gemünzte Spruch: „Das schönste Land, das menschliches Auge je erblickte.“ Für den Reisenden hat die Dominikanische Republik den großen Vorteil, daß er sich auf derselben Route wie der Admiral Lateinamerika nähert.
Nicht nur, daß Santo Domingo die erste Hauptstadt der „Neuen Welt“ war, die Zweieinhalb-Millionen-Metropole kann heute als eine wunderbare Einführung in Schönheiten wie Probleme lateinamerikanischer Großstädte angesehen werden. Das reicht von der liebevoll gestalteten „Zona Colonial“ mit ihrer hübschen spanischen Architektur, den alten Kirchen, Palästen, Höfen und Plazas bis zum Müll am Malecón, den wilden Gegenden und Märkten, der Chinatown und dem Straßenstrich. Schuhputzer, Taschendiebe und Souvenirhändler tummeln sich in der in Südamerika durchschnittlichen Dichte und Liebenswürdigkeit. Die Bevölkerung ist bunt gemischt, wenn auch das indianische Element sehr zurückgedrängt ist – schon unter Kolumbus und seinem Sohn Diego wurden die Ureinwohner innerhalb von 25 Jahren so gut wie ausgerottet. Daran erinnert heute ein Denkmal für Fray Bartolomé de las Casas, den berühmten „Verteidiger der Indios“, der ihnen allerdings auf der Insel auch nicht helfen konnte. Die Nachkommen der schwarzen Sklaven und viele haitianische Gastarbeiter haben aber dafür gesorgt, daß die karibische Buntheit samt ihrer wunderbarer Musik weiterhin gepflegt wird.
„All inclusive“-Resorts und die anderen Ferien-Ghettos sind über die gesamte Küste verteilt, haben aber noch genug Platz gelassen, um vergnügt auf eigene Faust karibisches Leben entdecken zu können. Das Inland - mit der höchsten (3.175 m) und der tiefsten Stelle der Karibik (dem malerischen Lago Enriqillo, 40 m unter dem Meeresspiegel) bietet alles, was man für Urlaub vom Strand braucht: Natur, Abenteuer, hübsche Orte und jede Menge Merengue. Also: die Dominikanische Republik – die beste Einstiegsdroge für Lateinamerika.
Das fängt gleich neben den Hotelanlagen an. Thomas Pampuch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen