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Der Bundestag wird entscheiden

Kohl und Diepgen verschieben Entscheidung über Bau des Holocaust-Mahnmals in Berlin. SPD: Das Projekt darf nicht insgesamt in Frage gestellt werden  ■ Aus Berlin Dorothee Winden

Bundeskanzler Helmut Kohl und der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) einigten sich gestern, daß eine Entscheidung über das Holocaust-Mahnmal erst nach der Bundestagswahl getroffen wird. Damit ist der Druck vom Berliner Senat genommen, heute über das Mahnmal zu entscheiden.

Nachdem sich Diepgen vor einer Woche gegen den überarbeiteten Entwurf des US-Architekten Peter Eisenman ausgesprochen hatte, bahnte sich ein Konflikt innerhalb der Großen Koalition an. Die fünf SPD-SenatorInnen haben sich nämlich für den Entwurf von Eisenman ausgesprochen. Die CDU-SenatorInnen sind mit Ausnahme von Kultursenator Peter Radunski (CDU) aber dagegen. Während der Bundeskanzler an einem Mahnmal am Brandenburger Tor festhält, stellt Diepgen diesen Standort in Frage und besteht darauf, „die gesamte Thematik in allen ihren Aspekten intensiv zu prüfen“.

Mit dem Moratorium steht der Senat nun nicht mehr unter Entscheidungsdruck. Für die SPD besteht damit allerdings kaum noch Aussicht, heute ein positives Votum für den Eisenman-Entwurf herbeizuführen. Sie muß dem Koalitionspartner vielmehr die Bestätigung eines früheren Senatsbeschlusses abringen. Dieser besagt, daß es ein Holocaust-Mahnmal am geplanten Ort, dem Brandenburger Tor, wird.

Der Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD im Abgeordnetenhaus, Klaus Böger, erklärte gestern, er respektiere die Übereinkunft des Regierenden Bürgermeisters und des Bundeskanzlers. Leider sei Eberhard Diepgen nicht in der Lage gewesen, das Thema schon vor der Sommerpause auf die Tagesordnung des Senats zu bringen. Die Verschiebung der Entscheidung dürfe aber keinen Abschied von dem Projekt bedeuten, so Böger. Der neugewählte Deutsche Bundestag müsse sich mit der Grundsatzfrage zur Errichtung des Holocaust-Mahnmals befassen.

Auch der Berliner CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky hatte gestern morgen gefordert, die Entscheidung solle dem neu gewählten Bundestag überlassen werden. Erst nach dieser Entscheidung solle Berlin in die Planungen einbezogen werden. Landowsky hatte sich schon früher für eine Verschiebung der Entscheidung ausgesprochen. Der CDU- Politiker lehnt den Eisenman-Entwurf auch nach der Verringerung von 4.000 auf 2.500 Betonstelen wegen der „unveränderten Monumentalität“ ab. Landowsky stellte das Mahnmal insgesamt in Frage: „Berlin braucht ein solches Denkmal zur Aufarbeitung der eigenen Geschichte nicht.“

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