■ Vorlauf: So ist das Schulleben
„Julia – Kämpfe für deine Träume“, Teil 1, So. 20.15 Uhr, RTL (2 u. 3: Mo./Di. 20.15 Uhr)
Wenn sie nicht gerade mit ihren Inline-Skatern vorbeibrettert, ist sie joggen. Oder Rhabarber auf dem Markt kaufen. „Ich bin Julia“, jubiliert Julia grundlos und etwas kehliger „Julia Wilkens“. Dann springt die Sportlehrerin mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug. Ein „Starker Abgang“, wie der Titel der ersten Episode des RTL-Dreiteilers „Julia – Kämpfe für deine Träume“ raunt. Doch was sich hier als weiblicher James Bond im bayrischen Staatsdienst anbiedert, stellt sich schnell als artige Einfalt eines schlicht gehäkelten Entwicklungsromans vor, in dem die Vermählung zwischen Yoguretten-Feminismus und flotter Marktwirtschaft besonders billig zu haben ist. Julia geht in die Schule, Julia wird Model. Julia verliebt sich in einen Industriellen. Einen Turnschuhfabrikanten, versteht sich.
Natürlich hat es unsere Julia (Carol Campbells Debüt) als dunkle Schönheit nicht leicht. Da kritzeln die Schüler vögelnde Vögel auf die Tafel und wetten unverfroren auf ihr Sexleben. Und der Direktor entpuppt sich als säftelnder Sitzriese, der bei Anordnung für den Schwimmkurs wie „Mädchen, 50 Meter Brust“ gerne mal etwas schmatzt. So ist das bunte Schulleben, wenn sich am Drehbuch Fit for Fun-Abonnenten und die Enid-Blyton-Stiftung abarbeiten. Bis das harte Leben weich wird und all seine Zumutungen in ein Beutelchen Ecstasy unter der Schulbank passen. Ansonsten ist die Jugend proper und gesund. Morgens halb zehn in Deutschland. Pickellose Bayernkinder, die einen Fallschirmkurs vom Taschengeld bezahlen. Die Jungens stottern oder protzen mit feuchten Träumen. Die Mädchen sind strebende Mauerblümchen oder in den größten Hallodri der Schule verknallt. Manchmal heulen sie auch. Das macht nichts. Julia heult auch. Denn eine vermeintliche Liebesnacht mit einem Schüler kostet sie den Job. Doch vielleicht hat Julias Rache das Zeug zur ödipalen Tragödie. Schließlich soll sie sich noch in den Vater des lügenden Unholds verlieben. Hoffentlich fließen wenigsten dann nicht nur isotonische Getränke, sondern Gift und Galle. Birgit Glombitza
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