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Künftig gibt es Beipackzettel für den Giftexport

■ Eine internationale Konvention soll vor unkontrolliertem Welthandel mit Pestiziden schützen

Länder, die in Zukunft Pestizide importieren, sollen von den Exporteuren regelmäßig über die Wirkungen der Gifte aufgeklärt werden. Automatisch, quasi direkt nach deren Einkaufsorder, werden den verantwortlichen Ministerien in den Importländern Informationen über die Risiken der jeweiligen Pestizide zugesandt. Das ist der Inhalt der internationalen Pestizid- Konvention, die gestern durch über 100 Staaten in Rotterdam zur Unterzeichnung anstand. unterzeichnet wurde. Mit dem Übereinkommen wird ein bereits bestehendes Vorwarn- und Informationssystem, das Prior Informed Consent (PIC), international verbindlich gemacht. Trotz der Regelung werden besonders in Entwicklungsländern die Gifte weiterhin unkontrolliert eingesetzt.

Die Liste von durch Pestizide verursachten Krankheiten und Folgeschäden ist lang: Asthma, Sterilität, Krebs, Leber- oder Geburtsschäden. Schätzungen der Weltgesundheitsbehörde (WHO) zufolge vergiften sich rund eine Million Menschen jährlich mit Pestiziden – 20.000 von ihnen sterben. In China etwa wurden 1995 in 27 Provinzen 48.000 Personen mit Vergiftungserscheinungen registriert, darunter 3.204 Tote. Niek van der Graaff, Leiter der Abteilung Pflanzenschutz bei der UN- Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), führt die Vergiftungen bei Bauern darauf zurück, daß in den Entwicklungsländern Schutzkleidung und -geräte zu teuer sind. „Hinzu kommt, daß die Bauern die Sicherheitsvorschriften auf den Behältern oft gar nicht lesen können, weil sie Analphabeten sind oder die Sprache der Warnhinweise nicht verstehen“, ergänzt Carina Weber vom Pestizid-Aktions-Netzwerk.

Den Regierungen mangelte es lange an Informationen, was in ihren Ländern ausgebracht wird. Inzwischen sind aber zumindest bei den Verwaltungen die Probleme bekannt. In zweijährigen Verhandlungen bereiteten 95 Länder die Konvention vor, die die Information über die Risiken bei 22 Pestiziden und fünf industriellen Chemikalien regelt.

Die Folgen der Gifte sind vielfältig und nicht immer so eindeutig zu verfolgen wie bei Nemagon, das auf Bananenplantagen in Mittelamerika eingesetzt wird. Von Sprühflugzeugen aus werden große Mengen auf die Pflanzen, aber auch auf die angrenzenden Dörfer verbracht. Sterilität, Kinder, die ohne Gehirn oder mit schweren Verkümmerungen der Glieder zur Welt kommen, Tuberkulose, Lungenentzündungen, Allergien oder Krebs – die Liste möglicher Folgeschäden ist lang.

Doch selbst in Ländern, die in den letzten Jahren eine Pestizidgesetzgebung verabschiedet haben, ist deren Einhaltung noch lange nicht gesichert. In Peru werden Insektizide eingesetzt, die im Lande selber verboten sind, aber über die grüne Grenze ins Land gelangen. In El Salvador hingegen werden auch Händler von der Industrie beliefert, die nicht offiziell zugelassen und damit auch nicht im Umgang mit Pestiziden geschult sind, wie es das Gesetz verlangt. Ein anderes Problem ist die aggressive Werbung der Hersteller in Entwicklungsländern, die den Landwirten die Unbedenklichkeit der Produkte suggeriert.

99 Prozent der tödlichen Vergiftungen ereignen sich laut Internationaler Arbeitsbehörde (ILO) in der Dritten Welt. „Den Bauern werden keine Alternativen aufgezeigt, sei es der Ökolandbau oder der Gebrauch weniger toxischer Substanzen“, moniert Weber. Für sie ist die Konvention ein erster Schritt, der mehr Aufklärung vor Ort folgen müsse. Hierbei sind auch gerade die deutschen Hersteller, wie Bayer, BASF und AgrEvo, gefragt, die zu den Großen der Branche gehören. Knut Henkel

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