■ Urdrüs wahre Kolumne: „Wählt meine Mutter!“
Zu bezeugen ist zunächst ein exemplarischer Fall von wunderbarer Gebetserhörung: Gestern kehrte die nach London ausgebüxte wunderschöne Prinzessin Lilly zu Schaumburg-Lippe zurück ins Bückeburger Schloß in die Arme von Erbprinz Alexander und brachte auch den kleinen Stammhalter Heinrich Donatus samt Tretroller wieder mit in unseren Landkreis. Darüber freut sich mit dessen Großeltern, Fürst Philipp-Ernst und Fürstin Benita, auch der Schreiber dieser Zeilen aus der Tiefe seines verfetteten Herzens. Bei Fürst Kropotkin und allen Marx-Brothers: Ein gutes Omen für die Bundestagswahl!
So langsam lohnt es sich, darüber nachzudenken, was alles den bibelkundigen Sozialdemokraten Christian Weber erpressbar macht: Jetzt will der Fraktionsöberschte ausgerechnet Radio Schleswig-Holstein zum federführenden Gesellschafter auf privater Bremer Heimatwelle machen. Ja weiß denn niemand, daß damit dem unter anständigen Menschen nach wie vor zur Enteignung anstehenden Springer-Konzern Tür und Tor geöffnet wird, der bei RSH die Fäden zieht? Nur das konzeptionelle Zugeständnis der Konzernfunker, den Sonntagmorgen zwischen sechs und neun Uhr als Kirchenforum anzubieten, kann es ja wohl nicht sein ... Christenbruder Krischan, komm zur öffentlichen Beichte, sag uns, was das System der universellen Gesamttücke gegen Dich in der Hand hat, und wir werden verzeihen und niemals nicht einen Weber-Report zur Amtsenthebung im Internet mit allen peinlichen Details anklicken ...
Gestern traf ich wieder mal meine Affenfreunde im Tierpark Kalletal und offenbarte ihnen meine Verbitterung über die Pläne der einstmals roten Kaderschmiede Universität Bremen, einen Fünf-Millionen-Hochsicherheitstrakt zwecks Affenfolter zur Befriedigung des forschenden Spieltriebs von Grundlagen-Brutalinski Andreas Kreiter zu bauen. Mit stummer Wut haben die sonst so fröhlichen Gesellen dann aus ihrem eigenen Kot eine Art Schrumpfkopf geformt und diesen nach Voodoo-Art mit einigen Zweigen durchstochen. Ich habe sie verzweifelt gebeten, diesen hochwirksamen und lebensgefährlichen Fluch zurückzunehmen, aber sie haben nur die Primatenköpfe geschüttelt. Ich, wenn ich Kreiter hieße, zöge jetzt ganz schnell von dannen, irgendwohin, wo keiner von dieser Affenschande weiß!
Wie im Volke wirklich zum Thema Wahlen gedacht wird, konnte ich dieser Tage an einem Laternenmast erkennen, der die Papp-Konterfeis von gleich beiden Spitzenkandidaten zu verkraften hatte. Im jugendlichen Edding-Style war dort zu lesen: „Wählt meine Mutter! gez. Tanja.“ Vor allem die kindgemäß offiziöse Schlußform „gez.“ verrät, wie ernst es der Texterin damit ist; denn dieses Kürzel wird im juvenilen Mitteilungsdrang sonst nur bei so inhaltsschweren Bekenntnissen verwendet wie „Paul, ich liebe dich“ oder „Gerhard und Helmut sind scheiße“.
Im Chat-Room der anderen Bremer Tageszeitung(en) konnte die geneigte Leserin sich in dieser Woche mit der grünen Freiheitskämpferin Marieluise Beck und dem sozialdemokratischen Friedensstifter Volker Kröning elektronisch „unterhalten“, wie man diese allseitig reduzierte Kommunikationsform euphemistisch nennt. Ist die Schwelle zwischen Politik und Volk wirklich schon so hoch, daß sie nur noch im virtuellen Raum für pickelige Gymnasiasten und ähnliche Heavy User überschritten werden kann?
Wie ernst es um die Armut in unserer Gesellschaft bestellt ist, belegt diese Kleinanzeige aus der nämlichen Heimatzeitung: „Sven der Putzteufel putzt nackt Ihre Wohnung.“ Wer diesem verzweifelten Dienstleister in seiner absolut deprimierenden Situation helfen kann und will, offeriere ihm doch bitte eventuell überzählige Kittelschürzen oder Ballonseiden-Anzüge zur Ausübung dieser Tätigkeit unter seiner Rufnummer Tel.: 04746/72 56 89. Wäre doch schade, wenn dieser wirklich dynamische Freiberufler sich beim Aufbau seiner Existenz erkälten würde und damit als künftiger F.D.P.-Kandidat aus dem innovativen Mittelstand ausfiele ...
Oldenburg sucht nach dem Abriß des bisherigen Wildgeheges am alten VfB-Stadion einen Platz für freilebende Punker. Kann dabei nicht der SV Werder helfen? Ist doch für die zweite Liga alles ein bißchen überdimensioniert, findet jedenfalls
Ulrich „Elferkönig“ Reineking
P.S.: Morgen schließt das schachtübergreifende Treffen der Reisenden Steinmetze und Maurer auf der Paschenburg mit einem rauschenden Abschlußfest. Beste Freiheitswünsche an die derzeit größte taz -lesende Wohngemeinschaft der Republik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen