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■ Repräsentativ: Zum Verhältnis von Elfen- Glauben und politischer Orientierung in IslandUnd es gibt sie doch!

Eine große repräsentative Umfrage der isländischen Tageszeitung DV brachte es an den Tag: Der Glaube an Elfen ist unter den IsländerInnen nach wie vor mehrheitlich präsent, hat aber, besonders unter der Landbevölkerung, im letzten Jahrzehnt etwas abgenommen. Die Umfrage wurde kürzlich per Telefon durchgeführt. Insgesamt 600 IsländerInnen nahmen an der Befragung teil. Nach dem Zufallsprinzip wurden dabei je 300 Personen aus Reykjavik und 300 aus ländlichen Bezirken ausgewählt, Männer und Frauen zu gleichen Anteilen.

Die gestellte Frage: „Glauben Sie an Elfen und Zwerge?“ wurde von 92 Prozent der Angerufenen überhaupt beantwortet. Dabei ergab das Bild insgesamt eine deutliche Mehrheit für die Elfen: So bejahten 54,4 Prozent aller Angerufenen die Frage, während 45,6 Prozent mit Nein antworteten. Interessant sind die deutlichen Differenzen, die zwischen den Geschlechtern bestehen. Während bei den Frauen eine deutliche Mehrheit (59,4 Prozent) die Existenz von Elfen und Zwergen bejaht, gibt es bei den Männern nur eine knappe Mehrheit (pro Elfen 50,2 Prozent). Das Ergebnis überrascht nicht, meint die Tageszeitung DV, da es jedes Jahr immer wieder neue Beispiele gebe, wo Verkehrsvorhaben wie Hausbau und Straßenbau nicht durchgeführt würden, da Medien Elfenwohnorte an den geplanten Baustellen geortet hätten. Die Angst vor der „Rache“ der durch Bauvorhaben gestörten Elfen und Zwerge, so DV weiter, sei unter den Isländern nach wie vor weit verbreitet.

Die neueste Umfrage weckte in Island deshalb ganz besondere Aufmerksamkeit, weil die Elfenfrage erstmalig mit der Frage nach der politischen Orientierung der Befragten gekoppelt wurde. Fünf Parteien mit insgesamt 63 Abgeordneten sind im Althing, dem isländischen Parlament, vertreten: die in der Mitte angesiedelte Bauernpartei, die sozialdemokratische Partei, die rechtskonservative Partei, die sozialistische Partei und die Frauenpartei. Das Ergebnis der Befragung bestätigte nun gewisse Vorurteile, brachte aber auch einige Überraschungen.

So glauben nur 18,8 Prozent der weiblichen Anhänger der Framsknarflokkur (Bauernpartei) nicht an Elfen und Zwerge. Mit über 80 Prozent Zustimmung stellen die Anhängerinnen dieser Partei eindeutig die größte an Elfen glaubende Bevölkerungsgruppe dar. Der Generalsekretär der isländischen sozialistischen Partei, Heimir Már Pétursson, gegenüber der taz: „Das ist ganz logisch. Der unmittelbare und fortwährende Kontakt zur Natur schafft enge Verbundenheit mit den Elfen. In den Dienstleistungsberufen sind diese Beziehungen dagegen viel seltener zu finden.“

Die Kvennalisti, die einzige weltweit in einem Parlament vertretene feministische Partei, die bei der letzten Wahl ein Ergebnis von drei Prozent erzielte und damit drei Abgeordnete ins Parlament entsenden konnte, bildet unter ihren männlichen Anhängern mit 33,3 Prozent das Schlußlicht der Elfengläubigen.

Völlig anders dagegen beantwortet die weibliche Wählerschaft der Kvennalisti die Frage: 54,5 Prozent dieser Wählergruppe bestätigen die Elfen- und Zwergenexistenz. Während bei den Anhängern der Althýdubandalag, der sozialistischen Partei, der auch der isländische Staatspräsident Ólafur Ragnar Grimsson angehört, eine Pattsituation herrscht – das heißt, daß die Männer zu je 50 Prozent die Existenz von Elfen und Zwergen bestätigen bzw. bestreiten – bietet sich bei den Wählerinnen der Sozialisten ein eindeutiges Übergewicht zu Ungunsten der Elfen: Sie behaupten mehrheitlich, nicht daran zu glauben. Es bleibt festzustellen, daß damit die Sozialisten die einzige Partei sind, in der die weiblichen Anhänger den Elfenglauben mehrheitlich ablehnen („Nein, glaube nicht daran“: 54,2 Prozent). Darauf angesprochen kontert Generalsekretär Heimir Már Pétursson: „Unsere weiblichen Wähler sind linksorientierte Frauen mit guter Bildung, weniger an Mythen als an Fakten interessiert. Sie wohnen eher in der Stadt als auf dem Land. Allerdings wäre es falsch zu glauben, sie lehnten deshalb den Elfen- und Zwergenglauben anderer Menschen ab. Das Gegenteil ist der Fall!“

Eine prominente Mitstreiterin mit guten Elfenkontakten hat die Partei jüngst verloren: Parlamentspräsidentin und Schriftstellerin Gudrun Helgadóttir. Ihre Troll- und Elfenmärchen sind im Lande bekannt und beliebt. Sie warf der sozialistischen Partei vor, zu angepaßt zu sein, trat demonstrativ aus und ist gerade dabei, eine eigene Splitterpartei zu gründen.

Die konservative Partei, die Sjálfstaedisflokkur, weist unter ihren weiblichen Anhängern eine deutliche Mehrheit auf, die zum Elfenglauben tendiert (57,7 Prozent). Unter ihrer männlichen Wählerschaft existiert eine knappe Mehrheit mit eher ablehnender Position (51 Prozent mit „Nein“). Die größte Zustimmung auf die Frage: „Glauben Sie an Elfen und Zwerge?“ findet sich aber bei den Anhängern der Bauernpartei mit insgesamt 64,2 Prozent (Männer 57,8 Prozent).

Doch welchen politischen Parteien schenken die Elfen ihr Vertrauen? Antwort weiß die Elfenbeauftragte Erla Stefánsdóttir: „Die Elfen sind gerade dabei, sich von einer legislativen zu einer konstitutionellen Monarchie zu entwickeln. Parteien gibt es nicht, da jede Elfe ihre Interessen sowieso nur in Harmonie mit der Natur vertreten kann. Was anderes ist gar nicht denkbar.“ Darüber ein anderes Mal mehr. Wolfgang Müller

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