: Unter den Wipfeln keine Ruhe
Regenwald – ein immergrüner Wald kommt nur in ganzjährig feuchten Gebieten vor. Die größten Bestände an tropischem Regenwald befinden sich in den Becken von Amazonas und Kongo sowie auf den indomalayischen Inseln. Aber auch außerhalb der Tropen gibt es Regenwaldgebiete, etwa in Nordamerika und Kanada. Der tropische Regenwald gilt als das artenreichste Ökosystem der Erde. Über fünfzig Prozent der bekannten Pflanzen- und Tierarten sind hier beheimatet. Im Tieflandregenwald können auf einem Hektar Fläche bis zu hundert verschiedene Baumarten festgestellt werden. Mehr noch: Die Erforschung unentdeckter Arten ist in diesen Breiten auch heute noch längst nicht abgeschlossen.
Die Zerstörung des Regenwaldes erfolgt durch Abholzung, vor allem aber durch Brandrodung. Als besonders problematisch erweist sich bei der Rodung die im Vergleich zu europäischen Wäldern extrem geringe Fähigkeit des Bodens, Mineral- und Nährstoffe zu binden. Die üppige Vegetation der tropischen Breiten basiert ausschließlich auf der Geschlossenheit der ökologischen Kreisläufe im Regenwald.
Durch die heftigen Niederschläge der Regenzeit werden auf den gerodeten Flächen die lebensnotwendigen Nährsubstanzen binnen kurzem ausgewaschen, was zu einer kaum mehr reversiblen Verödung der Böden führt. Man geht davon aus, daß die Böden vier Jahre nach erfolgter Brandrodung unfruchtbar und zu keinerlei landwirtschaftlicher Nutzung mehr brauchbar sind.
Die Vernichtung des Regenwaldes ist trotz des weltweit gewachsenen Problembewußtseins nicht wirklich gebremst worden. Von 1995 bis 1997 sind staatlichen brasilianischen Quellen zufolge allein im Amazonasgebiet mehr als 60.000 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt worden – das entspricht der doppelten Größe Belgiens. Zum Vergleich: Das von der brasilianischen Regierung ausgewiesene Schutzgebiet – immerhin das weltweit größte zusammenhängende Regenwaldschutzgebiet – umfaßt ebenfalls eine Größe von 57.000 Quadratkilometern.
Offiziell heißt es in Brasilien, die Neuzerstörung des Regenwaldes sei in den zurückliegenden drei Jahren um die Hälfte zurückgegangen – 1997 habe es sich um eine Fläche von 13.000 Quadratkilometern gehandelt. Überprüfbare Statistiken und entsprechendes Kartenmaterial wurden bislang jedoch nicht offengelegt.
Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace weisen zudem auf die Schwierigkeiten hin, Flächen, die nicht komplett gerodet worden sind, sondern in denen nur noch ein Netz aus wenigen Baumriesen besteht, per Satelitentechnik korrekt zu erfassen. Man muß also davon ausgehen, daß die Dunkelziffer der auf Dauer geschädigten oder gar zerstörten Gebiete dementsprechend hoch ist. Reinhard Krause
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