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Initimes Lustschloß ohne Schwamm

Heute werden Schloß und Garten Caputh eröffnet. Nach aufwendiger Sanierung wird das über 300 Jahre alte Schmuckstück erstmals der Öffentlichkeit zugänglich  ■ Von Katrin Bettina Müller

Nach Schloß Caputh fährt man auf dem Wasser. Das war schon so, als Kurfürst Friedrich Wilhelm 1671 das Gut Caputh kaufte und seiner Frau Dorothea schenkte. Das ist auch heute wieder so, wenn Dorotheas kleine Sommerresidenz als Schloßmuseum eröffnet wird. Dann legt die Weiße Flotte Potsdam am neuen Bootssteg an.

„Das wird ein besonderer Tag für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und die Gemeinde Caputh“, leitete Hans-Joachim Giersberg, Generaldirektor der Stiftung, die Pressevorbesichtigung ein. Bevor man 1996 an die Wiederherstellung gehen konnte, drohte ein Hotelneubau das barocke Schlößchen vom Dorf abzuriegeln. Erst als die Pläne des Investors scheiterten, übergab die Treuhand Schloß Caputh dem Land Brandenburg. „Da war die Erleichterung groß bei den Denkmalschützern, bei uns und beim Bürgermeister von Caputh“ erzählt Gert Streidt, Sprecher der Stiftung.

Tatsächlich wird Schloß Caputh jetzt erstmals öffentlich zugänglich. Denn während die meisten Schlösser der Stiftung seit der Weimarer Republik Museen sind, verzeichnet die Chronik von Caputh eine wechselvolle Nutzung. „Färberei, Fabrik für englische Lederwaren und Baumschule schon im 18. Jahrhundert“, zählt Giersberg auf. Nach der Enteignung 1945 wurde das Schloß zum Schulungszentrum für Fotografen und Elektriker.

So begann die Wiederherstellung mit dem Wegräumen von Altlasten wie Werkstätten, Öllagern, einem Wochenendhaus und Betonrampen. Als heimtückischster Feind der neuen Schloßherrn aber erwies sich der Schwamm, der die Holzteile schon viel weiter angefressen hatte, als der Augenschein vermuten ließ. Beim Rundgang verweist Oberbauleiter Schumann in jedem Zimmer auf die kritischen Ecken, wo Balken und Mauerwerk geimpft oder mit großem Aufwand erneuert werden mußten.

In den kurfürstlichen Gemächern bläst ein Engel Trompete zum Ruhme des Fürsten und seiner Frau. Auf einem anderen Deckenbild zeigt sich Minerva als Beschützerin der Künste und Wissenschaften. In diesen gut erhaltenen Arbeiten der Hofmaler Samuel Theodor Gericke und Jacques Vaillant liegt der Wert des Schlößchens für die Kunsthistoriker. Denn sie bezeugen einen Stil, in dem auch Schloß Charlottenburg und das Berliner Stadtschloß ausgestattet waren, dort aber durch Abriß und Kriegsschäden verlorengingen. Heute kann man kaum glauben, daß das intime Lustschloß einmal mit 300 Gemälden protzte. Ungefähr 100 Bilder hofft Schlösserdirektor Burkhardt Göres wieder nach Caputh bringen zu können. Zur jetztigen Teileröffnung sind schon Porträts und Seeschlachten angekommen.

Aus einer späteren Epoche als dem himmelstürmenden Barock stammt der gedrungene Fliesensaal im Sockelgeschoß, der wohl auf den Soldatenkönig Friedrich I. zurückgeht. „Das Dekor entsprach seiner Orientierung an den bürgerlichen Normen und Tugenden Hollands“, vermutet die Kunsthistorikerin Claudia Sommer. Eine Flotte blauweißer Segelschiffe zieht über die Wände, Windmühlen drehen sich, und Kinder spielen auf den Kacheln. So zart dies kühle Dekor auch wirkt: Die Fayencen hielten das Gewölbe, dessen Statik gefährdet war. Es mußte mit einer Übergurtung des Fliesensaals stabilisiert werden.

Im Garten wird noch Bauschutt weggeräumt. Der kleine Landschaftspark, dessen von Lenné geplante Wege wiederhergestellt werden konnten, entstand Anfang des 19. Jahrhunderts. Mit Stichgrabungen wird festgestellt, was noch vom barocken Garten darunterliegt. Schließt man auf der Freitreppe, die sich vom Festsaal hinunterschwingt, die Augen, kann man sich die Terrassen auf der Seeseite vorstellen. „Wenn ich hier König wäre“, murmelt ein Kollege, „würde ich den Steg wieder abreißen, um die Ruhe zu genießen.“

Schloß Caputh, Straße der Einheit, 14548 Caputh, Eröffnung heute ab 15 Uhr. Um 14 Uhr fahren Schiffe ab Potsdam Lange Brücke. Bis Mitte Oktober Dienstag–Sonntag, 10–17 Uhr geöffnet.

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