piwik no script img

Quotenopfer Umwelt

■ Im Umweltministerium versammeln sich lauter Öko-Neulinge. Schuld daran ist die grüne Doppelquote Mann/Frau, Fundi/Realo

Berlin (taz) – Es ist nicht so, daß die Grünen keine profilierten Umweltpolitiker hätten, aber im Umweltministerium werden nur wenige zu finden sein. Nicht nur, daß mit Jürgen Trittin ein Mann Minister wird, der bisher wenig mit Umwelt am Hut hatte, mit den beiden parlamentarischen Staatssekretärinnen die er sich nun ausgesucht hat, hat er ebenfalls keine gelernten Ökologinnen eingestellt: Es sind die bisherige verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, Gila Altmann, und Simone Probst, die bislang stellvertretende Fraktionsgeschäftsführerin war.

So wurde das Umweltministerium zum Quotenministerium, in dem zuerst Jürgen Trittin als Strömungs-Ausgleich für Joschka Fischer untergebracht wurde und nun – doppelte Quote – zwei dem linken Flügel zuzurechnende Frauen seine Vertreterinnen werden. Tatsächlich hätten die meisten grünen Umweltpolitiker lieber profilierte Fachleute wie Michaele Hustedt (Reala), umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, oder Reinhard Loske (Realo und Mann), neu im Bundestag und Klimaexperte am renommierten Wuppertal-Institut, im Ministerium gesehen. Zu einem offenen Streit kam es nicht, weil auch die Umweltpolitiker die Notwendigkeit des parteiinternen Proporzes nicht in Frage stellen.

Nachdem es schon zwei Minister (Joschka Fischer und Jürgen Trittin), aber nur eine Ministerin (Andrea Fischer) gab, war unter den grünen Koalitionsunterhändlern klar, daß die Frauen überproportional an den verbliebenen sieben wichtigen Ämtern beteiligt werden müßten: fünf Staatssekretäre, ein Ausländerbeauftragter und ein Bundestagsvizepräsident. Das Pech der Umweltpolitiker war, daß neben dem Linken Ludger Volmer fürs Außenministerium vor allem prominente Realofrauen auf Posten drängten oder sich empfohlen: Uschi Eid (Entwicklungshilfe), Christa Nickels (Gesundheit), Marieluise Beck (Ausländer) und Antje Vollmer (Bundestagsvize). Blieben also nur noch die zwei parlamentarischen Staatssekretärsposten im Umweltministerium, um den Strömungsproporz auf für die Linken akzeptable drei zu vier anzuheben. Eine Entscheidung, mit der auch einige Umweltverbände unter der Hand nicht besonders glücklich sind. Tröstend allein für die grünen Umweltpolitiker, daß mit Rainer Baake als Beamtetem Staatssekretär ein ausgewiesener Profi ins Umweltministerium einzieht, der schon seit 1991 diesen Posten im Hessischen Umweltministerium innehat und auch das grünen Atomausstiegskonzept erarbeitete.

Die Parlamentarischen Staatssekretäre haben die Funktion, den Minister zu entlasten und gegebenenfalls zu vertreten. Auch eine thematische Arbeitsteilung ist zuweilen üblich. Gila Altmann hat sich bisher vor allem als scharfe Gegnerin des Transrapid profiliert. Sie gilt unter Realos als stramme „Hardcore-Linke“. Von 1986 bis 1993 war sie Fraktionssprecherin im Auricher Stadtrat. Sie arbeitete als Hauptschullehrerin in Moordorf, bis sie 1991 Landesvorsitzende der niedersächsischen Grünen wurde. 1994 wechselte sie in den Bundestag. Altmann ist 49 und hat drei inzwischen erwachsene Kinder.

Ihre künftige Kollegin Simone Probst (30) ist politisch bisher weniger aufgefallen. Die Physikerin, die nach dem Studium direkt in die Politik wechselte gilt als „pragmatische Linke“. Sie war als Abgeordnete für Forschungspolitik und Raumfahrt zuständig. Der 43jährige Reinhard Baake hat sich in seiner Zeit beim Hessischen Umweltministerium vor allem um die Atomaufsicht gekümmert und galt als der „heimliche Minister“ für diesen Aufgabenbereich. Er ist gelernter Diplomvolkswirt und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Marburger Philipps- Universität. Matthias Urbach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen