: Die Vernunft wird siegen: Diese Fusion steht an
■ Der Berliner SPD-Fraktionschef Klaus Böger setzt auf mehr Bewegung in der nächsten Legislaturperiode
taz: Die finanzielle Lage des SFB hat sich dramatisch verschlechtert, dennoch wurde der neue Vorschlag der Rundfunkanstalten insbesondere von der Berliner CDU zurückgewiesen. Ist auch die SPD gegen die Fusion?
Klaus Böger: Für die SPD steht eines im Vordergrund: Die außerordentliche Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ich habe den Eindruck, daß verschiedene Kreise bei der CDU das gesamte öffentlich-rechtliche Rundfunksystem auf das Angebot einer Volkshochschule reduzieren wollen. – Ohne Zweifel läuft darüberhinaus innerhalb der Rundfunkanstalten ein ähnlicher Prozeß wie beim staatlichen Föderalismus: Die relativ Starken sagen, warum sollen wir dauerhaft für die Finanzschwächeren bezahlen, wenn diese sich nicht neu organisieren und in leistungsfähige Anstalten umwandeln. Diesen Ansatz unterstütze ich prinzipiell, gleichwohl ist der föderale Aufbau des öffentlich- rechtlichen Rundfunks ein hohes Gut, das nicht leichtfertig zerstört werden darf. Doch Veränderungen sind notwendig. Der SFB hat eine sehr unsichere Perspektive, verglichen mit anderen kleinen Sendern in der 3,4 Millionen-Metropole allerdings eine außerordentlich günstige Ausgangsposition. Und deswegen denke ich, daß der SFB sich in jedem Fall um eine verstärkte Kooperation mit dem ORB bemühen muß. Eine Fusion durch wachsende Kooperation.
Was soll das heißen? Zu einer Fusion können Sie sich nicht durchringen, aber mehr zusammen soll es schon sein?
Eine Fusion muß vernünftig vorbereitet werden. Die Widerstände in beiden Ländern und teilweise in den Anstalten kann man nicht von oben her beseitigen. Wir müssen eine sachgerechte Überzeugungsarbeit auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Anstalten leisten. Dazu gehören auch Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die Hand und Fuß haben. Am Ende eines solchen Kooperationsprozesses wird die Vernunft siegen und eine Fusion sich als das Richtige erweisen. Diese Fusion steht an.
Der Punkt, an dem eine Entscheidung gefällt werden muß, ist doch möglicherweise angesichts der Finanzkatastrophe sehr schnell erreicht.
Ich will freimütig bekennen, ich bin etwas fusionsgeschädigt – schließlich ist hier ja bereits die Fusion der Länder Berlin und Brandenburg gescheitert. Ich sorge mich, daß emotionale Gegnerschaften entstehen, wenn man zu schnell die Fusion erreichen will. Über allem hängt schließlich noch die spezifische Ost-West-Befindlichkeit: die Berührungsängste zwischen Berlin und Brandenburg, die unterschiedlichen politischen Mentalitäten in den Sendern.
Dennoch wollen Sie eine Fusion. Was gedenkt die SPD dann dafür zu tun?
Wenn Sie den Vergleich erlauben das ist so eine Art Holbrooke- Mission. Es geht um die Annäherung durch Vermittlung. Wir müssen die Intendanten der ARD und die Ministerpräsidenten davon überzeugen, daß der Weg der Kooperation zur Fusion ein länger dauernder Prozeß ist, der innerhalb der Anstalten auch sozialverträglich gestaltet werden muß. Für diese Übergangszeit brauchen wir noch das Prinzip des Finanzausgleichs, meinetwegen nennen sie es Strukturausgleich. Eine Fusion erfordert Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen. Zugleich muß ein Einstellungskorridor für junge Journalisten geschaffen werden. Dies braucht Zeit. Aber es muß klar sein, eine begrenzte.
Ihr Koalitionspartner, die CDU, bremst aber all ihre Fusionspläne.
Daß die CDU bei notwendigen Reformen bremst, ist ja keine neue Erkenntnis. Allerdings befinden wir uns in einer Koalition. Und in der hat der Regierende Bürgermeister die Ressortzuständigkeit für Medienpolitik. Aber auch der Regierende Bürgermeister wird, wenn er den Kulturföderalismus, dessen Abbild ja auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist, wirklich stärken will, zu der Einsicht kommen, daß unser Weg der Richtige ist.
Das heißt auch, daß eine zukünftige rot-grüne Landesregierung Bewegung in die Fusions-Anstrengungen bringen würde?
Ja, das ist klar. Mit einer anderen Regierung wird es auch eine andere Medienpolitik geben.
Ein Regierender Bürgermeister Klaus Böger würde sich also auch verstärkt für die Fusion einsetzen?
Eine Verweigerungshaltung führt ins rundfunkpolitische Abseits, diese Haltung wird es mit einem sozialdemokratischen Bürgermeister nicht geben. Unser Weg ist der von der geplanten Kooperation hin zu einer Fusion, die nicht den Charakter einer feindlichen Übernahme haben wird. Ich bin sicher, daß auch die Intendanten, die Rundfunkräte und die Beschäftigten diesen Weg mitgehen werden.
Nun hat man aber den Eindruck, daß die Intendanten in dieser Frage längst weiter gegangen sind.
Hätte es die Länderfusion gegeben, wäre die Fusion der Sendeanstalten längst auf dem Weg. Die Intendanten sollten jetzt alles vorbereiten und ihre Anstalten mit sich nehmen. Dann besteht Grund zu Optimismus. Ich glaube, daß dieses Projekt in der nächsten Legislaturperiode vollzogen wird.
Interview Barbara Junge
und Lutz Meier
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