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„Wohlmeinende Illusionen“

Zeit-Herausgeberin Gräfin Dönhoff kritisiert Konzept für private Rechtsuni der Zeit-Stiftung. Deren Kuratorium tagt in zwei Wochen  ■ Von Florian Marten

Bekommt Hamburg eine private Jura-Universität, gesponsert von der Stiftung der Zeit-Gründer Evelin und Gerd Bucerius? Diese Frage ist innerhalb der Stiftung momentan heftig umstritten. Während Geschäftsführer Michael Göring von einem „soliden, nüchtern durchgerechneten Konzept“ schwärmt, das auch in der Wissenschaftsbehörde auf „keine Bedenken“ treffe, äußert Zeit-Herausgeberin und Kuratoriumsmitglied Marion Gräfin Dönhoff harte Kritik. In einem Schreiben an den Kuratoriumsvorsitzenden Manfred Lahnstein, das der taz vorliegt, heißt es, bei dem „Entwurf für die Law School“ handele es sich um „ein Bündel von wohlmeinenden Illusionen und absurden Vorstellungen“.

Die erste Konzeption für eine international ausgerichteten Elite-Jura-Uni für 450 handverlesene Studierende war schon am 30. April im Kuratorium gescheitert. Das Gremium lehnte die Gründungs-Pläne zwar nicht vollends ab, verlangte aber eine ordentliche Überarbeitung. Das Ergebnis ist eine Broschüre, die Studienangebot (Grundstudium, Postgraduiertenstudium, Promotion und Weiterbildung) und Konzept präzisiert. Zusätzlich wurde ein erstes Finanzkonzept erarbeitet.

Danach soll die Hochschule neben den Investitionen für Grundstück, Gebäude, Ausstattung, Bibliothek jährlich 12 Millionen Mark kosten. Studiengebühren von bis zu 20.000 Mark pro Jahr, Sponsoren und die Zeit-Stiftung sollen die private Rechtshochschule finanzieren, die ohne staatliche Mittel auskommen will und muß.

Auf diesen Punkt konzentriert sich die Kritik der Gräfin. „Wie soll man sich eigentlich die Finanzierung vorstellen – die paar Zahlen, die da genannt werden, sind doch nicht ernstzunehmen“, bemängelt sie. Zudem geht die Befürchtung um, die Stiftung könne sich verheben mit diesem Projekt, das mittlerweile durch ein Gründungskomitee unter Leitung von Ex-Stadtchef Henning Voscherau (SPD) betreut wird. Denn die Stiftung verfügt über einen Jahresetat von knapp 20 Millionen Mark – mit den Gründungskosten und dem Jahresbudget der Law School wären schnell mehr als die Hälfte dieser Mittel auf Jahre hinaus gebunden; die Fördermöglichkeiten für andere Großprojekte blieben über Jahre hinaus blockiert.

Zwar steht Dönhoff mit ihren Bedenken im Kuratorium nicht allein; intern werden Beschwerden zumeist jedoch leise geäußert, wie Göring betont. „Sicherlich gibt es mal die eine oder andere Nachfrage, von einer ganz massiven Kritik war mir aber bislang nichts bekannt.“

Am 19. November wird das Kuratorium erneut über die Privat-Uni beraten. Dem Gremium gehören unter anderen der ehemalige Chef der Hamburger Handelskammer Klaus Asche, Ex-Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und der frühere Vorsitzende des Deutschen Industrie-Bundes (BDI) Tyll Necker an. Mit einem endgültigen Ja zur Law School rechnet allerdings nicht einmal Geschäftsführer Göring: „Wir wollen das Projekt nur realisieren, wenn es eine breite Mehrheit dafür gibt.“

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